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schaffen worden als Organe für staatliche Zwecke, nämlich die
Leitung und Verwaltung des Kirchenvermögens. Der Umstand,
dass ihnen auch kirchlicherseits dieselben Funktionen über-
tragen sind, macht sie zu gemischt staatlich-kirchlichen Behörden.
Vgl. 88 13—15 Kirchengesetz !*2,
Das Organisationsrecht der Kirchen ist eingeschränkt durch
Befugnisse, die teils auf privatrechtlichen Titeln, teils auf öffent-
lich rechtlichen beruhen: $ 8 des Kirchengesetzes. Ein öffentlich
rechtlicher Titel ist z. B. dann gegeben, wenn der Staat die Ver-
richtungen von Kirchenbeamten selbst in Anspruch nimmt für
seine eigenen Anstalten. So steht ihm das Ernennungsrecht
zu für Militärgeistliche, Geistliche an Irrenhäusern, Strafan-
stalten ete. Als privatrechtlicher Titel kommt insbesondere
das Patronat in Betracht. Dieses steht zu entweder dem Landes-
herrn oder Dritten. Zwar haben infolge der Bewegung des
Jahres 1848 die Standes- und Grundherrn auf ihre Patronats-
rechte ganz oder teilweise verzichtet, tatsächlich sind aber diese
Rechte später wieder aufgelebt und $ 8 des Kirchengesetzes an-
erkennt stillschweigend ihre Existenz. Für die Ausübung des
Patronats ist massgebend die badische Verordnung vom 24. März
1808, das sog. Kirchenlehenherrlichkeitsedikt 1%,
I. Das Verfassungs- und Organisationswesen der Kirchen-
und Religionsgemeinschaften tritt teils in den Formen kirchen-
gemeindlicher Selbstverwaltung, teils in der Form kirchlicher
Behördenorganisation in die Erscheinung. Was zunächst die
kirchengemeindliche Selbstverwaltung betrifft, so kann von einer
solchen im eigentlichen Sinn bei der katholischen Kirche nicht
gesprochen werden, auch die Steuerbewilligungsorgane bieten
kein Analogon (vergl. oben $ 20, unten $ 23).
Für die kirchliche Behördenorganisation der
142 Rechtspraxis 1902 S, 165, 1903 S. 48.
143 SPoHN, StKR. S. 16 ff. Ueber bad. Patronatsrecht, vgl. vor allem
GÖNNER und SESTER in den KRA. v, STUTZ.