Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

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ist die Frage zu lösen, wer Eigentümer des Kirchengutes ist, 
um diesen Punkt dreht sich die Kontroverse. Die herrschende 
Ansicht geht dahin, dass die Frage nach dem Eigentümer des 
Kirchenguts eine rein privatrechtliche ist, nicht eine kanonisti- 
sche35. Eine vermittelnde Anschauung geht dahin, dass zwar 
die Frage, ob die Kirche in einem bestimmten Lande vermögens- 
fähig ist, als privatrechtliche, die Frage aber, wer Träger des 
Eigentums im konkretem Falle ist, als kanonistische angesehen 
werden muss®®. Diese Vermittlungstheorie hat jedenfalls den 
Nachteil einer unbegründeten Inkonsequenz. Die herrschende 
Theorie muss als richtig angesehen werden. Das gesamte Ver- 
mögensrecht, Besitz und Eigentum, gehören nach heutigem Recht 
dem Gebiete des Privatrechts an. Nur das Privatrecht kann da- 
ber auch den äusseren Rechtsgrund der kirchlichen Privatrechts- 
fähigkeit abgeben. Die grosse Bedeutung der Kirche auf dem 
Gebiete des Privatrechts im Mittelalter, die Tatsache, dass die 
kirchlichen Rechtssätze über Kirchengut als Teile des gemeinen 
römischen Rechts galten, machen es begreiflich, dass auch heute 
noch von kirchlicher Seite?” das kanonische Recht als ausschlag- 
gebend erklärt wird. Allein das Recht ist eine notwendige Folge 
der sich ändernden sozialen und politischen Zustände, die Rechts- 
ordnung ist das eigenste und nächste Gebiet des Staates’®. 
Was hier bezüglich des Rechtsgrunds der kirchlichen Privatrechts- 
fähigkeit gesagt wurde, gilt in gleicher Weise auch bezüglich 
des äusseren Rechtsgrundes der öffentlichen Rechtspersönlichkeit. 
.—— - —— 
35 So vor allem MEURER, Hl.S., HÜBLER: Der Eigentüm. des Kirchen- 
guts, Leipzig 1868, WARNKÖNIG, THUDICHUM, HINSCHIUS, v. SYBEL. STUTZ, 
Das preuss. allg. LR. und der Eigentümer des Kirchenguts, Festschrift für 
HÜBLER, Berlin 1905 S. 169 f. 
3 ScHuLTeE 1.P., RICHTER, Lehrbuch d. kath. und evang. Kirchenrechts, 
Leipzig 1886 S. 1268 ff. 
#? 7. B. LEHMKUAL $8.J. Kirchenr., Stimmen aus Maria Laach VII. 515 
cit. nach MEURER hl. S. 9. 
# Vgl. Ständeverhandl. d. I. K. 1859/60 Prot. S. 136/137. 
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