— 307 —
alten badischen Recht und zwar in $ 36 der Verordn. vom
2. Febr. 1830 Reg.Bl. No. 3 findet sich übrigens der Recursus
ab abusu 1’0e:
Den Geistlichen, sowie den Weltlichen, bleibt, wo immer
ein Missbrauch der geistlichen Gewalt gegen sie stattfindet,
der Rekurs an die Landesbehörden.
Ein weitgehendes Kontrollrecht steht dem Staate gegenüber
den kirchlichen Rechtspersonen auf Grund des zweiten Kon-
stitutions-Ediktes zu, nämlich das Recht der Minderung
und Mehrung ihrer Beschlüsse und Anordnungen !?%»,
Kontrollierenden Charakter hat auch die Teilnahme der
Staatsregierung an der israelitischen Religions- und Administrations-
konferenz.
2.Abwehrmassregeln. Die wirksanste Abwehr ge-
genüber Uebergriffen kirchlicher Rechtspersonen liegt in der
Entziehung ihrer Rechtspersönlichkeit. Ueber diese Art der
Beendigung kirchlicher Rechtspersönlichkeit siehe unten 8 29, III.
Die abwehrende Form der Staatsaufsicht kommt am meisten in
den zahlreichen Strafbestimmungen zum Ausdruck, welche gegen
den Missbrauch der kirchlichen Amtsgewalt durch Geistliche er-
lassen wurden. Nach dem RStGB. ist mit besonderer Strafe
bedroht der Missbrauch der Kanzel (8 130°), Vornahme un-
züchtiger Handlungen mit minderjährigen Kindern durch Geist-
liche (& 174 Ziff. 1); erschwerte Kuppelei, wenn der Schuldige
zu der verkuppelten Person in dem Verhältnis eines Geistlichen
—
170a& EICHMANN, Der recursus ab abusu nach deutsch. Recht, in GIERKES
Untersuchungen Heft 66. Breslau 1903 S. 316-318, vertritt den Stand-
punkt, dass die Bestimmung des & 36 heute noch in Kraft ist. Die VO.
v. 80. Jan. 1830 ist aber durch $ 17 des Ges. v. 9. Okt. 1860 als beseitigt an-
zusehen. Vgl. KORMANN ]. c. $. 43 Anmerkung 2.
170b „In jedem Falle bleibt für alle Schlüsse oder Ordnungen einer Kör-
perschaft, insoweit sie auf den Staatszweck Bezug haben, der Öberpolizei-
behörde das Recht der Minderung oder Mehrung, das jedoch die Privat-
rechte der Gesellschaftsglieder nicht antasten, sondern gebührend erhalten
und schirmen muss.“ Ziff. 9 des II. Konstit.Ed.
Archiv für öffentliches Recht. XXIV. 2. 21