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steme Oesterreichs, die einander ablösten, auf die Verwaltung dargelegt. Die
ersten Anläufe, die Pillersdorfische Verfassung vom 25. April 1848, der
Kremsierer Verfassungsentwurf und die Reichsverfassung vom 4. März 1849
spiegeln noch die Unklarheit der Begriffe und die Verschwommenheit der
Ziele, die durch die Verfassungsgesetzgebung verwirklicht werden sollten.
Diese Verfassungsversuche konnten also, wenn etwa von der Aufhebung des
Untertänigkeitsverbandes und von der Grundentlastung abgesehen wird
einen dauernden Einfluss auf die Verwaltung Oesterreichs nicht üben. Erst
die Rückkehr zum autokratischen Systeme, die in dem Kabinettsschreiben
und Silvester-Patent vom 31. Dez. 1851 zum Ausdrucke kam, brachte frucht-
bare verwaltungstechnische Gedanken und Ziele zur Reife, von denen bis
zum heutigen Tage ein beträchtlicher Teil der Verwaltungstätigkeit in
Oesterreich beherrscht ist. Dasselbe Schwanken zwischen Zentralisierung
und Föderalismus, das den ersten Verfassungsversuchen eigentümlich ist,
kehrt wieder im Oktoberdiplom vom Jahre 1860 und im Februarpateut vom
Jahre 1861; dieses Schwanken dauert fort und äussert seine verderblichen
Wirkungen auf die Entwicklung der österreichischen Verwaltung. Kaum
ein anderer Kulturstaat wird so viele krasse Mängel in der Organisation
und im Inhalte der Verwaltungstätigkeit aufweisen, als der österreichische
Staat. Daraus erklären sich denn auch die wiederholten Anläufe zu einer
gründlichen Reform der Verwaltung, Anläufe, die bisher erfolglos blieben.
Schon in der vorkonstitutionellen Zeit, im Jahre 1808, hob der Versuch
einer Kodifikation des Verwaltungsrechtes an. Die Hotfkommission in poli-
tischen Gesetzsachen, die mit der Ausführung dieser Idee betraut war,
wurde nach erfolglosem Bemühen 10 Jahre später aufgelöst. Ein Reform-
versuch, der vom reaktionären Standpunkte der Auflösung des Reiches in
einen Staatenbund gemacht wurde, ist das vom Grafen Hohenwart am
20. Februar 1871 im Abgeordnetenhause entwickelte Programm, wonach
eine autonome Gestaltung des Verwaltungsorganismus unter Beteiligung der
Bevölkerung an der Verwaltung bei gleichzeitiger Beseitigung der Doppel-
verwaltung der staatlichen Organe einerseits, der autonomen Organe (Ge-
meinde-, Bezirks-Vertretungen, Landesausschüsse) andererseits in Aussicht
genommen wurde. Ohne Erfolg blieb der im Abgeordnetenhause im
Jahre 1874 vom Abgeordneten Goellerich gestellte Antrag betreffend die
Reform der politischen Verwaltung, ebenso erfolglos auch der unter dem
vormaligen Ministerpräsidenten Körber entwickelte Plan einer Reform, der
in den am 9. Dezember 1904 im Abgeordnetenhause mitgeteilten „Studien
zur Reform der inneren Verwaltung“ in umfangreicher Weise entwickelt
wurde.
Der Verfasser unterlässt es nicht, die einzelnen besonders in das Auge
fallenden Schwächen der österreichischen Verwaltung hervorzuheben. Er
bespricht die Notwendigkeit der Beseitigung der merkwürdigen Doppelver-
waltung, die sich durch die Konkurrenz der autonomen und der Staatsverwal-