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Verfassers; „Sind subjektive öffentliche Rechte im Zweifel verzichtbar ?*,
die von ihm verneint wird, ist nur ein Teil der umfassenderen Frage:
Kommt im Zweifel dem Parteiwillen Ööffentlich-rechtliche Wirkung zu?
Diese letztere Frage ist meines Erachtens folgendermassen zu beantworten :
Allerdings stellt jeder Fall, wo Öffentliche Rechte und Pflichten durch den
Parteiwillen begründet, geändert oder aufgehoben werden Können, einen
Schönheitsfehler im System des öffentlichen Rechtes dar, das von dem Ge-
danken beherrscht ist, dass nur dem in Gesetz, Verordnung und Verfügung
zu Tage tretenden Staatswillen rechtserzeugende Kraft zukommt. Aber
logische Symmetrie und systematische Folgerichtigkeit haben bei einem Akt
der Gesetzgebung nur bedingten Wert und es ist niemals anzunehmen, dass
der Gesetzgeber diesen Postulaten die Rücksicht auf das praktische Be-
dürfnis habe unterordnen wollen. Wird z.B. der Aufwand für einen öffent-
lichen Weg, eine Schule oder dgl. vom Gesetzgeber nach einem gewissen
Schlüssel unter die interessierten Gemeinden repartiert, so ist m. E. ein
Uebereinkommen zwischen diesen Gemeinden, wonach die eine mehr, die
andere weniger beitragen soll, als das Gesetz vorschreibt, auch dann, und
zwar mit öffentlich-rechtlicher Wirkung —, zulässig, wenn die Klausel,
„falls nicht ein anderes Uebereinkommen getroffen wird“, im Gesetze aus-
nahmsweise fehlen sollte. Denn die Anerkennung solcher, allenfalls behörd-
lich zu genehmigender Verwaltungsverträge liegt entschieden im Interesse
des Öffentlichen Zweckes um den es dem Gesetzgeber zu tun ist. Die gegen-
teilige Ansicht vermöchte sich nur auf den rein theoretischen und jeder
praktischen Verbindlichkeit entbehrenden Satz vom jus publicum, quod
pactis privatorum mutari nequit zu berufen, auf den man mit Recht repli-
zieren könnte: Non ex regulis jus sumatur! Ganz ebenso scheint mir nun
die Sache bezüglich des Verzichtes zu liegen. Ich kann mich der Ansicht
des Verfassers, wonach die Verzichtbarkeit subjektiver öffentlicher Rechte
ausdrücklich statuiert sein müsse, nicht anschliessen. Er räumt allerdings
ein, dass dieselbe auch auf einem Satz des Gewohnheitsrechtes beruhen
könne, und .beruftsich diesfalls auf LABAnD, der die Möglichkeit, dass ein
deutscher Reichstagsabgeordneter sein Mandat niederlege, auf einen solchen
Satz zurückführen will. Sollten aber wirklich in der ersten Zeit des Norddeut-
schen Bundes oder des Deutschen Reiches, wo sich doch unmöglich schon
ein Gewohnheitsrecht dieses Inhaltes gebildet haben kann, Mandatsnieder-
legungen unzulässig gewesen sein? Noch schwerer würde es natürlich
fallen, die auch im Falle des Schweigens der Verfassung unbezweifelte Zu-
lässigkeit des Thronverzichtes durch ein Gewohnheitsrecht zu erklären. Aber
nicht nur die Natur des objektiven, sondern auch die des subjektiven öffent-
lichen Rechtes lässt uns in unserer Frage im Stich. Der Verfasser be-
zeichnet letzteres als eine persönliche Qualifikation, die als solche nur dann
durch einen einseitigen Willensakt des Berechtigten erlöschen könne, wenn
dies durch einen besonderen Rechtssatz ausgesprochen wird. In einem