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Häuser sind für das französische Recht maisons publiques, sie
gelten polizeirechtlich als öffentliche und man hat sie daher auch
wohl als polizeiöffentliche bezeichnet. Die besonderen Befugnisse
der Polizei diesen Häusern gegenüber beruht auf dem Gesetz
vom 12. Messidor des Jahres IV, das sie besonders aufzählt, und
den allgemeinen Bestimmungen des Munizipalitätsgesetzes, das
der Polizei die Sorge für Aufrechterhaltung der Ordnung an
den öffentlichen Orten überträgt. Die Besonderheit in der poli-
zeirechtlichen Stellung der maisons publiques zeigt sich in folgen-
der Weise.
1. Im allgemeinen schliesst das droit de domicile das Recht
der Polizei, private Häuser zu betreten, aus, und gibt es, wie
oben gesagt, nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen. Bei
den maisons publiques ist der Polizei der Eintritt jederzeit ge-
stattet. Dabei wird aber der Grundsatz der Oeffentlichkeit streng
durchgeführt: einerseits geht der Charakter des „öffentlichen“
Hauses in dem Augenblick, wo das Etablissement geschlossen
wird und das Publikum keinen Eintritt mehr hat, verloren und
mit ihr die Eintrittsbefugnis der Polizei: le droit commun reprend
son empire et le lieu public devient un asile inviolable. An-
dererseits sind die besonderen Befugnisse der Polizei nur da ge-
geben, wo die „Öeffentlichkeit“ ganz unzweifelhaft feststeht; so
sind z. B. Häuser, die notorisch der Unzucht dienen, polizei-
öffentlich ; solche, bei denen dieser Zweck nicht ganz sicher fest-
steht, geniessen den Schutz des privaten Hausfriedens und dürfen
daher nur unter den gewöhnlichen Voraussetzungen von der Poli-
zei betreten werden *°.
2. Die Polizeiöffentlichkeit äussert sich ferner darin, dass
den Inhabern der maisons publiques durch polizeiliche Anordnung
ein besonderes Verhalten zur Pflicht gemacht werden kann und
zwar in viel grösserem Umfange, als dies gegenüber anderen
4 BatBıE 79, GRÜN 93.