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dem Erfordernis der Allgemeinheit der polizeilichen Anordnungen,
indem die Polizeibehörden hier sich von vornherein in ihrer all-
gemeinen Anordnung das Recht vorbehalten können, Ausnahmen
in speziellen Fällen zu gewähren: es ist dies das Rechtsinstitut
des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt”!. — Zu 2: Das Verbot mit
Erlaubnisvorbehalt trägt der Möglichkeit Rechnung, dass das
Interesse der Allgemeinheit der an sich von ihr erforderten
Freiheitsbeschränkung sämtlicher Einzelner für bestimmte Fälle
oder Personen nicht bedarf. Es ist nun aber weiterhin die
Möglichkeit vorhanden, dass das Interesse der Allgemeinheit über-
haupt nur für bestimmte Personen Freiheitsbeschränkungen er-
heischt. Wo dies der Fall ist. da sind im (fegensatz zur Regel
allgemeine Anordnungen nicht erforderlich, vielmehr sind hier
individuelle Anordnungen zulässig, So wird z. B. einem Grund-
besitzer die Sanierung eines Grabens auferlegt, einem Destillateur
untersagt, die Ableitung ungesunder Flüssigkeiten in schädlicher
Weise vorzunehmen. In der Wissenschaft wird allerdings ver-
einzelt die Ansicht vertreten, dass auch in solchen Fällen nur all-
gemeine arretes, nicht spezielle, sich lediglich an den Störenden
richtende, zulässig seien. Die herrschende Ansicht und die
Rechtsprechung des Kassationshofes gehen aber dahin, dass
überall da, wo allgemeine Anordnungen zulässig sind, dies auch
spezielle sind, die sich nur an bestimmte Personen richten, unter
der Bedingung, dass sie nicht dem Prinzip der Gleichheit wider-
sprechen und dass sie durch ein allgemeines Interesse gerecht-
fertigt sind”. Denselben Grundsatz enthält das preussische
Recht. Auch hier bedarf „eine durch die Wahrnehmung be-
rechtigter polizeilicher Interessen überhaupt begründete An-
ordnung nicht ausserdem noch der Rechtfertigung durch eine
”ı Vgl. dazu unten S. 390, sowie das Allgemeine über dieses Rechtsin-
stitut bei OÖ. MAyer, Deutsches Verwaltungsrecht 1895, I S. 287 ft.
”2 Bock 2136, Re&monn 26 ff., D-S. 91.