— 365 —
klärt worden: eine Anordnung, die die Zahlung des Marktstand-
geldes erzwingen soll und das zum Schutze der Reichspost er-
gangene Verbot der Bezeichnung „Post“ für Privatunterneh-
mungen 8. Sehr klar tritt die Bedeutung des Zwecks der An-
ordnung hervor in folgender Entscheidung: Schutz der Telegra-
phie gegen private Konkurrenz gehört nicht zur Kompetenz der
Polizei, wohl aber gehören dahin Massregeln gegen Privatlei-
tungen zum Schutze der öffentlichen Sicherheit, wenn durch die
von ihnen ausgehenden elektrischen Ströme die Benutzung der
bestehenden Telegraphen- und Telephonanstalten unmöglich ge-
macht oder gestört wird®?, Beiläufig erwähnt sei hier noch, dass
ın beiden Rechten der Grundsatz anerkannt wird, dass eine
hauptsächlich „polizeilichen“ Zwecken dienende Anordnung nicht
dadurch ungültig wird, dass sie nebenher den Schutz finanzieller
Interessen der Gemeinwesen bezweckt. So sind zulässig die An-
ordnungen der französischen Polizei, dass auswärtige Metzger
ihr Vieh erst ins Schlachthaus bringen müssen; der französischen
und der preussischen Polizei, dass die Markthändler den Handel
nicht vor Zahlung des Standgeldes beginnen dürfen, denn beide
Anordnungen verfolgen in erster Linie „polizeiliche“ Zwecke:
Sorge für die öffentliche Gesundheit, Aufrechterhaltung der öffent-
lichen Ordnung auf dem Markte ®#,
Die Ungesetzlichkeit einer Tätigkeit der Polizei in fiskali-
schem Interesse beruht lediglich darauf, dass die Polizeigewalt
ihren Zwecken entfremdet wird. In einem solchen Falle, wo
eın Verwaltungsbeamter, indem er einen Akt seiner Kompe-
tenz vornimmt und dies auch in den gesetzlichen Formen
tut, seine Gewalt für andere Fälle und zu anderen Zwecken be-
e® Kammergericht 4. April 1887, vgl. BIERMAnN 218, OVG. XV, 427
vgl. auch die von AnScHÜTz, Verw.-Arch. VI, 409 angeführten Entscheidun-
gen KG. 14. März 1895, OVG. 27. Mai 1896 (Gebühren- und Lustbarkeits-
steuer),
3 OVG. XX, 403 ft.
®: Le Poıttevin 4, D-S. 429, KG. 5. Juli 1897, vgl. LINDEMANN 89.