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Wenn die Strasse selbst geschützt wird, so geschieht dies nur
weil in ihr damit die öffentliche Anstalt, die „öffentliche Verwal-
tung selbst in ihrer äusseren Erscheinung“ (OÖ. MAYER) geschützt
wird.
2. War die direkte Hinwirkung auf die staatlichen Ein-
nahmen schon im Polizeistaat nicht Gegenstand der Polizei, so
konnte diese doch indirekt eine derartige Tätigkeit ausüben durch
allerlei ökonomisch-politische Massregeln, durch die der Wohl-
stand der Bürger und mit deren Steuerkraft schliesslich die staat-
liche Finanzlage gehoben wurde. Diese Richtung der Polizei ist
wesentlich für den Eudämonismus, für den Merkantilismus, für
den Polizeistaat. Sie ist mit diesen aus dem staatlichen Leben
seschwunden. Die „gute Ordnung“ bedeutet im Rechtsstaate
nicht mehr die im allgemeinen Wohl sich wiederspiegelnde Glück-
seligkeit der Einzelnen, ihr geistiges und weltliches Wohl, son-
dern gerade im Gegensatz hierzu nur das, was auch ihr ursprüng-
licher Sinn gewesen war: die äussere Ordnung, die im Interesse
ıles Staats bei dem im bürgerlichen Bau stattfindenden Zusammen-
kommen der Menschen herrschen muss. Die Sorge für das wirt-
schaftliche Wohl der Staatsmitglieder gehört daher dem Wesen
der Polizei nach nicht zu ihrer Kompetenz. Eine polizeiliche
Anordnung zur Verfolgung ökonomisch-politischer Zwecke wider-
spricht somit den Grundsätzen des Polizeirechts und daher, wie
es die französische Jurisprudenz ausdrückt, den „Freiheiten.“
So schliesst nach der Terminologie des französischen Rechts
die„gewerbefreiheit“ gewerbe-polizeiliche Beschränkungen
aus, Es ist jedoch nicht der Grundsatz der Gewerbefreiheit, der
die eigentliche Grenze der Polizeigewalt gibt, sondern nur das
Wesen, der Zweck der Polizei. Nicht alle polizeilichen Anord-
nungen werden durch die Gewerbefreiheit ausgeschlossen, sondern
nur solche ökonomisch-politischer Art, solche, die dem Wesen
der Polizei nach nicht zu ihrer Kompetenz gehören. Sehr klar
Archiv für öffentliches Recht. XXIV. 3. 26