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polizeilichen Anordnungen gegenüber hält die Unverletzbarkeit
des Eigentums nicht stand; so haben wir gesehen, dass das Ver-
bot, die Häuser mit Strohdächern zu bedecken, sowie alle im
Interesse der öffentlichen Sicherheit und Gesundheit ergehenden
polizeilichen Beschränkungen des Eigentums zulässig sind. Die
(Grenzen der Polizeigewalt liegen eben tatsächlich auch hier wie-
der nicht ausserhalb derselben, im Privateigentum, sondern in
ihr selbst. Das Wesen der Polizei ist es, das sie bestimmt.
In Verfolgung polizeilicher Zwecke, der öffentlichen Gesundheit und
Sicherheit kann die Polizei in das Privateigentum eingreifen,
nicht aber in Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke, denn diese ge-
hören dem Wesen der Polizei nach nicht zu ihrer Kompetenz.
Nach diesem Grundsatz ist endlich auch ein sehr wichtiges
Institut der police rurale zu beurteilen: die Erlassung von „bans“,
d.h. Festsetzung der Termine, an denen frühestens gewisse land-
wirtschaftliche Verrichtungen, besonders Ernten, vorgenommen
werden dürfen. Die bans gehen zurück auf feudale Einrichtungen
und hatten ursprünglich wohl zunächst den Zweck die Erhebung
von Naturalabgaben zu erleichtern. Jetzt ist ihr Zweck ledig-
lich der einer gleichmässigen Ausführung der betreffenden Ar-
beiten, also ein ökonomischer Zweck. Daher ist die Polizei
prinzipiell nicht zu ihrem Erlasse befugt. Das Gesetz vom 9. Juli
1889 hat nun dem Maire das Recht zur Publikation der bans
de vendange (Weinernte) gegeben. Im Anschluss hieran hat sich
ein Streit entwickelt über die Befugnis der Polizei zur Erlassung
weiterer bans, wie bans de fauchaison (Heuernte), de moisson
(Getreideernte), de troupeau commun (gemeinsame Weide auf den
abgeernteten Feldern. Die Theorie hat fast allgemein eine
solche Befugnis abgelehnt, weil sie nicht in den Rahmen der
Polizeigewalt fällt!!®, Prinzipiell ist das allerdings richtig, je-
doch ergibt sich aus den Kammerverhandlungen, dass das Gesetz
ı8 P, BoEUF, Resume des repetitions &crites sur le droit administratif
1895 p. 219.