— 380 —
von 1889 das Recht zum Erlassen solcher bans gar nicht be-
rühren wollte!!®, Der Kassationshof ist daher mit Recht zu dem
Resultat gekommen, dass, wo solche bans noch in Uebung sind,
eine gewohnheitsrechtliche’ Kompetenz der Polizei vorliegt. Wo
dies nicht der Fall ist, fehlt die besondere Ermächtigung der
Polizei und diese ist aus den allgemeinen, ihre Grenzen bestimmen-
den Grundsätzen heraus zum Erlasse von bans nicht befugt, weil
diese andere als polizeiliche Zwecke verfolgen.
3. Die öffentliche Ordnung im Sinne des Polizeirechtes um-
fasst, wie wir bisher gesehen haben, nicht das wirtschaftliche
Wohl des Staates und der Einzelnen. Ebenso wenig umfasst sie
das geistliche Wohl der einzelnen. Daher gehört die Religion
als solche nicht zur Kompetenz der Polizei. Das gibt auch erst
den Massstab zur näheren Bestimmung der bereits oben erwähnten
Grenzen zwischen Polizeigewalt und Religionsfreiheit. Nur die-
jenigen polizeilichen Massregeln gegenüber der religiösen Betäti-
gung sind ungesetzlich, die andere als rein polizeiliche Zwecke
verfolgen, die nicht auf die äussere „gute Ordnung“ im bürger-
lichen Leben, sondern auf die Religiosität als solche abzielen.
Denn, wie einer der berühmtesten Polizeimänner, Fouche, gesagt
hat: la police c’est l’ordre dans l’etat social, le but c’est la se-
curit&€ de tous. Nur die äussere Ordnung ist Gegenstand der
Polizei und auch sie nur, weil sie eben die notwendige Grund-
lage der öffentlichen Sicherheit ist. Aus Gründen der Religion
selbst kann daher die Polizei nie für oder gegen eine Religions-
betätigung einschreiten, sondern nur zum Schutze der Grund-
lagen der öffentlichen Sicherheit: der äusseren Ruhe und Ord-
nung. So können von der Polizei, ohne dass darin eine Ver-
letzung der Religionsfreiheit zu erblicken wäre, im Interesse der
öffentlichen Ordnung und Ruhe gewisse Arbeiten an Sonntagen
119 LE POITTEVIN 1495.