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nationalen Festen zu flaggen, gesetzlich das nur zum Schutze der
öffentlichen Ordnung ergangene Verbot bei gewissen Anlässen
andere als französische oder fremde Nationalflaggen auszu-
hängen!”®. Ebenso kann in Preussen das Aushängen einer roten
Fahne verboten werden, wenn Tatsachen vorhanden sind, aus
denen zu schliessen ist, dass dieses Aushängen zu Störungen
der öffentlichen Ordnung und Ruhe führen könnte. Nicht aber
kann dies Verbot schon aus dem Grunde geschehen, weilin der
Aushängung der roten Fahne eine der Regierung missliebige Ge-
sinnung zum Ausdruck kommt "3,
5. Eine weitere Frage ist es dann, ob die Sittlichkeit als
solche zu den Zwecken gehört, die die Polizei zu verfolgen hat.
Ein Kommissionsbericht des französischen Senats vom 22. März
1836 sprach die Ansicht aus unter der Bezeichnung der öffent-
lichen Ordnung müsse notwendigerweise auch verstanden werden:
toute atteinte aux moeurs. Auch der Kassationshof hat der
Polizei die Befugnis zugesprochen, das Eigentum zu beschränken
im Interesse der honnötete public. Dabei handelt es sich jedoch
nur um Massnahmen der sog. Sittenpolizei, d. h. der Polizei der
Prostitution. Dieser Zweig der Polizei, dessen Name nur als
eine Reminiszenz der eudämonistischen Staatsidee zu erklären
ist, dient aber keineswegs der Sittlichkeit: dies wäre eine contra-
dictio in adiecto, denn mit ihr geschieht doch nichts anderes
als: on erige la prostitution en metier reeonnu 1302, Nicht die Auf-
rechterhaltung der Sittlichkeit bezweckt die sog. Sittenpolizei,
sondern nur Schutz der öffentlichen Gesundheit, Sicherheit und
Ordnung. Aus diesem Zweck leitet sich, wie ich oben bereits
129 ],£pınE 12, MOGEoT 166, D. 592.
130 Entscheidung des Ob.-Verw.Ger. v. 13. Juni 1391, XXI, 408 fi.
108 Dies ist ein Schlagwort der Abolitionnisten (vgl. A. de MORSIER,
La police des moeurs en France et la campagne abolitionniste 1901 p. 27)
dem man eine gewisse logische Berechtigung nicht absprechen kann.