Object: Handbuch der Gesetzgebung in Preußen und dem Deutschen Reiche. Das Deutsche Reich. (1)

IV. 4. Reichsbeamten G. 31. März 73. 207 
gehört die Klage der Betheiligten vor das Civilgericht. Die Befugniß der 
vorgesetzten Behörde, einen Beamten zur Erstattung eines widerrechtlich er- 
hobenen oder vorenthaltenen Werthbetrages anzuhalten, wird hierdurch nicht 
ausgeschlossen. 
§. 80. [Von dem Disziplinarverfahren!]l). Jeder Dienst- 
vorgesetzte ist zu Warnungen und Verweisen gegen die ihm untergeordneten 
Reichsbeamten befugt. 
§. 81. Geldstrafen können 
1. von der obersten Reichsbehörde 21) gegen alle Reichsbeamte, und 
zwar bis zum höchsten zulässigen Betrage (§. 74 Nr. 3), 
2. von den derselben unmittelbar untergeordneten Behörden ) und 
Vorstehern von Behörden bis zum Betrage von zehn Thalern, 
3. von den den letzteren untergeordneten Behörden und Vorstehern 
von Behörden bis zum Betrage von drei Thalern 
verhängt werden. 
§. 82. Vor der Verhängung einer Ordnungsstrafe ist dem Beamten 
Gelegenheit zu geben, sich über die ihm zur Last gelegte Verletzung seiner 
amtlichen Pflichten zu verantworten. 
Die Verhängung der Ordnungsstrafen erfolgt unter Angabe der 
Gründe durch schriftliche Verfügung oder zu Protokoll. 
Ist eine Geldstrafe für den Fall der Nichterledigung einer speziellen 
dienstlichen Verfügung binnen einer bestimmten Frist angedroht, so kann nach 
Ablauf der Frist die Geldstrafe ohne Weiteres festgesetzt werden 5). 
§. 83. 
schwerde im Instanzenzuge a#) statt. 
Gegen die Verhängung von Ordnungsstrafen findet nur Be- 
§. 84. Der Entfernung aus dem Amte muß ein förmliches Disziplinar-- 
verfahren vorhergehen. 
Reichsbehörde 21) verfügt. 
Die Einleitung desselben wird von der obersten 
Das Disziplinarverfahren besteht in einer schriftlichen Voruntersuchung 
und einer mündlichen Verhandlung. 
d1) Für Ordnungsstrafen (§ 74) be- 
steht ein einfaches Verfahren (8§ 80 bis 
83); für die Entfernung aus dem Amte 
(§75) ist es zu größerer Sicherung des 
Angeschuldigten förmlicher gestaltet (§884) 
u. mit schriftlicher Voruntersuchung (§ 85, 
94—97) und einer vor kollegialen Be- 
hörden (§ 86—93) stattfindenden münd- 
lichen Verhandlung (§ 101—109) und 
Berufung (§ 110—117) verbunden. — 
Das Disziplinarverfahren ist dem Straf- 
verfahren nachgebildet u. gestattet, wo 
das Disz G. keine abweichenden Vor- 
schriften enthält, die Heranziehung der 
Vorschriften der StHO. Dies gilt na- 
  
mentlich, wo allgemeine, überall anwend- 
bare Rechtsgrundsätze in Frage kommen 
(Befangenheit der Richter Anm. 100, 
Beweisaufnahme Anm. 102, mündliche 
Verhandlung Anm. 115, Zustellungen u. 
Ladungen Anm. 127). Beamte der Schutz- 
gebiete V. 9. Aug. 96 (Anm. 1) Art. 8 
bis 10. 
92) Höhere Behörden Anl. A Ver- 
zeichniß II. 
93) Diese Strafe bildet keine förmliche 
Disziplinar-, sondern nur eine dem Auf- 
sichtsrechte entspringende Zwangsstrafe. 
".) § 81.
	        
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