— 414 —
Das herrenlose Gut soll dem kirchlichen Zwecke wieder zugeführt
werden, aber nicht durch die Kirche, sondern durch den Staat.
Diese Pflicht des Staates ist nicht nur eine moralische, sondern
eine gesetzliche, auf deren Erfüllung die Kirchen eventuell ein
klagbares Recht haben. Keineswegs aber kann aus $ 20 gefolgert
werden, dass darin ein Okkupationsrecht der Kirche mit ding-
lichem Charakter anerkannt sei. Vielmehr kommt hier der all-
gemeine Grundsatz der deutschen Gesetzgebung zur Anwendung,
dass nur dem Staate und zwar dem Bundesstaate ein Heimfalls-
recht hinsichtlich herrenlosen Gutes zusteht (bezüglich aufgege-
bener Grundstücke $ 928 BGB., Erlös von Fundsachen $ 981,
Antall von Stiftungs- oder Vereinsvermögen 88 45, 46, 88 und
endlich & 1936). Diese Vorschriften des BGB. finden natürlich
nicht ohne weiteres Anwendungauf die kirchlichen jur. Personen,
sondern es wird nur aus diesen Vorschriften ein allgemeiner
Rechtsgrundsatz abgeleitet und analog zur Anwendung gebracht ?%,
Dieser allgemeine Grundsatz erleidet aber eine Einschrän-
kung insoweit, als jeder Anfall des Vermögens eines erloschenen
kirchlichen Rechtssubjektes an den Staat solange als ausgeschlos-
sen erscheint, als der kirchlich anerkannte Gesamtorganismus
besteht. Darum ist der Staat solange überhaupt nicht, auch
nicht unter Einhaltung der kirchlichen Zweckbestimmung, befugt,
über solches Vermögen zu verfügen. $ 20 der Verfassungsurkunde
greift nur Platz, wenn der kirchliche Gesamtorganismus in Weg-
fall gekommen ist, vorher steht die Verfügung über das wegfal-
lende Vermögen der Kirche, eventuell unter Mitwirkung des
206 Komm.Ber. von GRIMM zum StG. S. 58/59: „Nach feststehendem
Rechtsgrundsatze werden die Güter aufgehobener jur. Personen . . . herren-
lose oder erblose Güter und fallen daher, wie alles herrenlose Vermögen
dem Staate anheim“. Dieser Grundsatz herrschte auch im Landrecht, vgl.
LRS. 539 und 713:
Alle ledige und herrenlose auch alle erblose Güter gehören dem Staat.
Herrenlose Sachen gehören dem Staat.
„Herrenlose Güter einzuziehen ist ein dem Staate kraft seines Hoheits-
rechtes im Interesse der Gesamtheit zustehendes Regal.“