Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

finnländische Verfassung ein Teil einer vermeinten russisch-finn- 
ländischen Gesamtverfassung wäre, den politischen Rechten als 
Garantie dienen. Sowenig sich eine derartige „Gesamtverfas- 
sung“ in concreto nachweisen lässt, ebensowenig wäre zu er- 
warten, dass eine Verletzung der Rechte Finnlands von den 
Russen als eine Kränkung ihrer eigenen Verfassung emp- 
funden würde. Vielmehr würde man wohl auch den „finnländi- 
schen Verfassungsteil“ in eventuelle Aenderungen der „Gesant- 
verfassung“ mit hineinziehen wollen. Uebrigens ist eine derartige 
Konstruktion gar nicht nötig, um zu beweisen, dass jede Krän- 
kung der finnländischen Rechte, jede einseitige Aenderung der 
staatsrechtlichen Stellung jedenfalls einen Verfassungsbruch ent- 
halten muss. Auf diese Tatsache ist schon oben hingewiesen 
worden; hier sei nur folgendes hinzugefügt. Finnland ist mit 
Russland staatsrechtlich, nicht völkerrechtlich verbunden, daher 
fällt hier jede völkerrechtliche oder quasi-völkerrechtliche Beur- 
teilungsweise fort. Es dürfte auch einleuchten, dass, wenn einem 
völkerrechtlicher Persönlichkeit entbehrenden Staatsindividuun 
Vorteile des Völkerrechtes, wie Mediation und Schiedsspruch, 
selbstverständlich nicht zu Gebote stehen, es dann auch nicht 
die Nachteile der internationalen Beziehungen, vor allem die 
politische Schutzlosigkeit, darf fühlen müssen. Die Aeusserung 
JELLINEKs, dass der Kaiser von Russland sich den von ihm recht- 
lich getrennt zu denkenden Grossfürsten von Finnland durch 
andere Zwangsmittel als den Krieg unterwirft, scheint nicht von 
einem richtigen Gesichtspunkt auszugehen. Denn zuerst stehen 
dem russischen Kaiser gegen den Grossfürsten von Finnland 
ebensowenig andere völkerrechtliche Zwangsmittel wie der 
Krieg zur Verfügung; in völkerrechtlicher Hinsicht 
sind sie völlig identisch, da Finnland keine besondere völker- 
rechtliche Existenz besitzt. Und fürs zweite ist die recht- 
liche Verschiedenheit zweier Rechtspersönlichkeiten in demselben 
physischen Träger nicht in der Weise aufzufassen, dass eine
	        
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