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sie vollständig und auch ihre Väter lassen sie im Stich, wo es
gilt sich zu ihnen zu bekennen. Sowie die Nutzanwendung auf
den Einzelfall gemacht werden soll, zieht man sich mit höflichem
Bedauern hinter das Stillschweigen der positiven Gesetzgebung
zurück.
Es ist dieselbe Unzufriedenheit mit dem jetzigen Zustande,
welche den oft und bei den verschiedensten Anlässen vernehm-
baren Ruf nach dem Eingreifen der Gesetzgebung ausgelöst hat.
Es fehlt nicht an mehr oder minder brauchbaren Vorschlägen
de lege ferenda'", an praktisch zugreifenden Forderungen ?°, und
an theoretisierenden Wünschen ®!. All dies sind schätzbare, aber
derzeit wirkungslose Privatmeinungen, deren Verwirklichung un-
gewiss ist. Das staatsbürgerliche Bewusstsein von heute verlangt
präcises und promptes Funktionieren des Rechtsapparates. Mit
dubiosen Anweisungen auf die Erleuchtung der Gesetzgebung
lässt es sich nicht abspeisen.
Gleichwohl istes klar, dass jeder Versuch auf dem Boden des gel-
tenden Rechtes über den jetzigen Zustand hinauszugelangen töricht
und aussichtslos sein müsste, wenn der mit so starker Betonung der
Selbstverständlichkeit vorgetragene Satz, dass es ausserhalb der
spezialgesetzlich geregelten Einzelfälle keine Haftung des Staates
gebe, in dem Komplex der positiven Gesetzgebung nachweisbar
wäre. So steht die Sache aber nicht. Jener Satz ist ein be-
weislos hingestelltes Axiom der Theoretiker. Es wird gut sein
seine schmale positivgesetzliche Basis einmal auf ihre Tragfähig-
keit zu untersuchen.
18 7. B. PrAzAK in den „Drei Gutachten über die Reform des Admini-
strativverfahrens“, KıssLinG in dem Gutachten an den 8. DJT. über die
Gesetzgebungsfrage „Die Haftung des Staates für Beschädigungen durch
Beamte.“
2° ScHMID „Betrachtungen über die Reform der inneren Verwaltung
©esterreichs* in der Zeitschrift Volksw. 14, 496.
2ı 7, B. TEZNER, „Die Privatrechtstitel im öffentlichen Rechte“ im
Arch. f. öff. R. 9, 496; MauczKkA, Rechtsgrund des Schadenersatzes 218.