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frage. Er zweifelt an der Zahlungswilligkeit des „ Landesfürsten“
und dieser Zweifel ist sehr berechtigt. Hierin hat sich bis auf
den heutigen Tag nichts geändert. Der Staat ist auch heute
noch der rekalcitranteste Zahler. Er war es umsomehr bei der
damaligen Verteilung der Machtverhältnisse. Der korrekte Be-
amte submittiert vor den politischen Gewalten seiner Zeit, noch
dazu in einer Detailfrage. Das ist alles. Ein juristisches Glau-
bensbekenntnis daraus herauszulesen wird kaum gelingen°?.
Der Inhalt einiger von RANDA gehobener, bisher nicht be-
kannter Archivakten des Justizministeriums erbringt den Beweis,
dass die Rechtsanschauung der damaligen Zeit dort, wo sie frei
und unbeeinflusst sich hervorwagen konnte, eine ganz andere
war?®, Diese Akten betreffen die Entstehungsgeschichte des HD.
v. 4. III. 06 JGS. 758°, Hier der Wortlaut der von der Ober-
22 PFAFF (Zur Lehre von Schadenersatz und Genugtuung) berichtet (76),
dass Pratobevera bei der 2. Lesung des 8, der von der Haftung des Vor-
mundschaftsgerichtes handelt, die Bemerkung machte, die Vorschrift würde
nie gleichmässig und erfolgreich befolgt werden. Denn wenn das hinter-
legte oder sonst wo angelegte Vermögen eines Minderjährigen verloren
ginge, so würde man wohl die Beamten und in subsidium die cassa civica
oder das dominiciale angreifen und den Mündel entschädigen, nie aber
könne er glauben, „dass eine gleiche Haftung von dem Landesfürsten über-
nommen werde oder er aus den Landeskassen den durch seine Beamten zu-
gefügten Schaden ersetze.“
Bei der Beratung einer Responsabilitätsvorschrift für den Hofkriegsrat
hat PRATOBEVERA der Besorgnis Ausdruck gegeben, dass die von ZEILLER
vorgeschlagenen Grundsätze zu einer Responsabilitätsvorschrift nicht für den
Hofkriegsrat allein, sondern für alle Behörden gestaltet würden und hieran
anknüpfend hob der Vizepräsident HAAN hervor, dass zu grosse Verant-
wortlichkeit zu grosse Aengstlichkeit und damit Verzögerung und einsei-
tige Behandlung der Geschäfte erzeugen würde (Prarr 79). Man sieht
dass Opportunität und Aengstlichkeit und nicht etwa Rechtsüberzeugung
die treibenden Motive dieser Hofjuristen waren.
23 a. a. O. 78—-80.
22 Das oft berufene HD. hat den nachstehenden Wortlaut:
Es ist in den Gesetzen begründet:
1) dass Staatsbeamte ihrer Amtshandlungen wegen bei dem Civilge-
richte niemals belangt werden können, und