Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 24 (24)

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Mordes. Diese aber sind bloss konstruktives Recht. Aus ihm 
wird die Norm erschlossen. 
Andrerseits enthält das System der Gesetzgebung manche 
Normen, deren konstruktive Ausgestaltung entweder überhaupt 
noch nicht in Angriff genommen wurde oder auf halbem Wege 
stecken geblieben ist. Oft suppliert eine Anweisung an das freie 
richterliche Ermessen, oft fehlt auch diese. Die Normen jedoch 
drängen nach Verwirklichung. Darf sie wegen der Defekte der 
konstruktiven Gesetzgebung frustriert werden ? Die Rechtsprechung 
steht hier vor einem Dilemma. Der französische Staatsrat hat 
den Ausweg dahin gefunden, dass er die Konstruktion jener Be- 
stimmungen, die im Gesetze nicht zu finden waren, selbst in die 
Hand nahm. Aber diese Judikatur „en dehors des textes“ ist 
keine Willkür und kein „Freirecht“. Sie hat ihre festen und un- 
übersteiglichen Schranken an den kodifizierten Normen. Sie 
realisiert ihren Inhalt. Das ist ihr Zweck und ihre Recht- 
fertigung. Die massgebende Norm wird in der gesetzlich (im 
Art. 13 der Erklärung der Menschenrechte und im Art. VII der 
Konstitution von 1848) festgelegten Gleichheit der öffentlichen 
Lasten gefunden ””. Die Entschädigungsjudikatur schafft das zu- 
gehörige konstruktive Recht. So ist sie in letzter Linie doch nur 
Anwendung gesatzten Rechtes. Sie unterfängt sich niemals an 
die Norm zu rühren oder sich über sie hinwegzusetzen. Das 
Essentiale des Gesetzes, eben die Norm, bleibt intakt. Das Acci- 
dentiale, die „part constructive“, fehlt. Es muss in irgend einer 
Weise herbeigeschafit werden. Und der französische Staatsrat 
schafft es aus eigener Kraft. Er formuliert — da er sie ander- 
wärts nicht findet — selbständig jene „rögles speciales qui 
varient suivant les besoins du service et la necessite de concilier 
les droits de l’Etat avec les droits prives“, welche der Konflikts- 
hof in der Affäre Blanco für obligatorisch erklärt hat. 
— 1. -- no 
°° 'TIRARD, 138 ff.
	        
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