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Die "Tendenz des Buches ist nachzuweisen, dass die Reichsbank eine
Staatsanstalt des Reichs ist oder wie der Verf. S. 237 das Resultat seiner
Erörterungen näher präzisiert: „dass die Reichsbank eine öÖffentlich-recht-
liche Stiftung, insbesondere eine Staatsanstalt mit einer Beteiligung von
Laienmitgliedern nach dem Prinzip der Selbstverwaltung ist“. In diesen
Nachweise nehmen räumlich und sachlich eine hervorragende Stelle ein
Betrachtungen darüber, dass die Tätigkeit der Reichsbank gemeinnützig
ist, einem dringenden Öffentlichen Bedürfnis entspricht, und dass die Er-
füllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgabe für sie wichtiger und mass-
gebender ist als die Erzielung eines möglichst grossen Gewinnes. Dies ist
niemals und von Niemandem verkannt worden; aber für die rechtliche Na-
tur der Reichsbank folgt daraus Nichts. Mit der Gemeinnützigkeit und der
Befriedigung eines öffentlichen Interesses ist dafür nichts zu beweisen. Ist
die von einer Aktiengesellschaft betriebene Eisenbahn weniger gemeinnützig
als eine Staatsbahn? Gibt es ein dringenderes Öffentliches Bedürfnis als
die Gewinnung von Kohlen, Eisen, Elektrizität, von Nahrungsmitteln und
Bekleidungsstoffen u. s. w. und sind deshalb die Produzenten öffentlich-recht-
licher Natur? Für die Frage, ob die Reichsbank eine Staatsanstalt ist oder
nicht, ist juristisch entscheidend, wer für die Verbindlichkeiten derselben
haftet, wer der Träger ihrer Rechte und Pflichten, wer der Geschäftsherr
ist. Die königlichen Porzellanfabriken in Berlin, Meissen und Nymphen-
burg, das Hofbrauhaus in München, die Reichsdruckerei u. s. w. sind Staats-
anstalten, auch wenn sie keine öffentlich-rechtliche Aufgabe inı eigentlichen
Sinn zu erfüllen haben, der Geschäftsherr der Reichsbank aber ist nicht
der Reichstiskus, sondern eine von ihm verschiedene, selbständige juristische
Person. Ob man dieselbe als analog den Aktiengesellschaften oder als Ge-
nossenschaft oder als Anstalt bezeichnet, ist eine sekundäre Frage; eine
Anstalt des Reichs ist sie ebensowenig wie die landschaftlichen Kreditin-
stitute Anstalten des preuss. Staates sind. Wie könnte auch sonst immer
von einer „Verstaatlichung“ der Reichsbank gesprochen werden, welche deı
Verf. ausführlich erörtert und warm empfiehlt. Die meisten Schwierigkeiten:
machen dem Verf. bei der Durchführung seiner Theorie die „Anteilseigner“
und seine Erörterungen über ihre rechtliche Stellung sind auch der schwächste
und angreifbarste Teil seines Buches. Im übrigen ist anzuerkennen, das-
der Verf. eine gründliche Kenntnis der von ihm behandelten Materie hat
und dass sein Buch manche interessante und beachtenswerte Ausführungen
enthält. Laband.
Ernst von Maier. Der Minister von Stein, die französische
Revolution und der preussische Adel. Eine Streitschrift
gegen MAx LEHMAnN. Leipzig, Dunker u. Humblot. 1908. 72 8.
Diese Schrift ist eine Erwiderung auf die Angriffe, welche M. LEHMANN
im Maiheft der Preuss. Jahrbücher von 1908 gegen den Verf. gerichtet hat.