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schlossenheit des Gesetzbuches“ noch keine Ahnung haben konnte!
Wie das Protokoll jener Sitzung berichtet, sprach ZEILLER
damals über die beiden Haupteigenschaften guter Gesetze, die
innere und die äußere Güte. Die innere Güte der Zivilgesetz-
gebung bestehe in der (serechtigkeit, diese aber werde dadurch
erreicht, daß einerseits die Freiheit der Untergebenen ohne Not
nicht beschränkt wird, anderseits die Gesetze alle Bürger gleich
verbinden?®. Die daran sich schließenden Ausführungen ZEIL-
LERS sind in dem Protokoll folgendermaßen wiedergegeben :
„Die Gerechtigkeit müsse sich ferner über alle Handlungen,
über alle Geschäfte verbreiten. Die bürgerlichen Gesetze müßten
also vollständig sein. Es müsse sich kein Rechts-
fallereignen können, der sich nichtaus dem
Gesetzbuch und den darin enthaltenen Vor-
schriften entscheiden ließe. Diese Forderung sei
unleugbar die schwerste, und jede Gesetzgebung müsse daran
scheitern, wenn sie sich vorsetzt, alle Fälle durch den Buch-
staben des Gesetzes zu erschöpfen; wenn sie die Richter an die
buchstäbliche Anwendung der Gesetze bindet; wenn sie ihnen
alle, obgleich in dem Geiste des (Gesetzes und in allgemeinen
Rechtsprinzipien gegründete Auslegung verbietet; kurz, wenn sie
sich vorsetzt, die Richter in Recht sprechende Maschinen zu
verwandeln.
Dagegen wenn der Gesetzgeber von den allgemeinen Grund-
sätzen des Rechtes ausgehe, wenn er über die mannigfaltigen
Arten der Rechtsgeschäfte allgemeine und deutliche Begriffe auf-
stelle, wenn er daraus die allgemeinen Regeln zur Beurteilung der
dabei vorkommenden Rechte und Pflichten ableite, wenn er
denkende und zu denken fähige Richter bestelle und ihnen ge-
statte, in der Anwendung stufenweise zur nämlichen Urquelle,
von welcher er selbst bei der Abfassung des Gesetzes ausge-
gangen ist, zurückzukehren, dann dürfe man hoffen, daß der Be-
10 OFNER, Urentwurf I5f.