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bei Abfassung des a. u. Vortrages, unter dem Eindrucke der
BENTHAMschen Theorie von der „Geschlossenheit des Ge-
setzbuches“ gestanden sei, muß scheitern. Denn seine im a. u.
Vortrag v. 19. I. 1808 enthaltenen Ausführungen über die „Voll-
ständigkeit des Gesetzbuches“ finden sich in seinem Kommentar
I 21f. dem Sinn nach ganz, dem Wortlaute nach fast ganz
gleichlautend wieder, nur in etwas breiterer Form; gerade dieser
Kommentar steht aber anderseits mit seinen Bemerkungen zu
8 7 ABGB. (S. 65 f.) ganz und gar auf dem Standpunkte der
Lückenhaftigkeit des Gesetzbuches.
Wie nun haben wir angesichts dessen die aus dem a. u.
Vortrag von 1808 in den Kommentar von 1811 übernommenen
Bemerkungen ZEILLERs über die „Vollständigkeit des Gesetz-
buches“ zu interpretieren ?
Eines ist sicher: ZEILLERS Kommentar vertritt den Stand-
punkt der Lückenhaftigkeit des Gesetzbuches. Denn ein
Buch, das den Satz enthält, „der Vernunft-Codex soll nur ein
subsidiarischer sein, wo der bürgerliche Codex schlechterdings
nicht ausreicht“ (8. 66), und das die Notwendigkeit dieser sub-
sidiären Rechtsquelle damit begründet, daß „man von einem Zi-
vil-Oodex nicht verlangen kann, daß er, gleich einem Systeme
des natürlichen Privatrechts, alle Rechtsgrundsätze, und noch
minder, daß er alle daraus ableitbaren Rechte enthalten soll“
(S. 65), ein solches Buch kann doch unmöglich mit der BEN-
THAMschen Theorie der „Geschlossenheit des Gesetzbuches“
ın Zusammenhang gebracht werden. Wenn wir also nicht an-
nehmen wollen, daß ZEILLER in ein und demselben Buche ganz
entgegengesetzte Anschauungen vertrete, so müssen wir zu dem
Schlusse gelangen, daß seine Ausführungen über die „Vollstän-
digkeit des Gesetzbuches“ (S. 21 f. des Kommentars) nicht im
Sinne der BENTHAMschen „Geschlossenheit des Gesetzbuches“ zu
verstehen sind — dann aber muß ebendasselbe auch hinsichtlich
der im wesentlichen gleichlautenden, von HATSCHEK für sich in
Archiv für öffentliches Recht. XXVL. 1. 7