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tat der gesamten Abhandlung darstellt, besteht also darin, daß
sowohl der Code Napoleon, als auch das österr. ABGB. im Gegen-
satz zu BENTHAM auf dem Standpunkte der Lückenhaftigkeit
des Gesetzbuches stehen, indem ihren Bestimmungen über die
„Iichterliche Gebundenheit an das Gesetz“ (Art.4 Code Napo-
leon und 8 7 österr. ABGB.) die Idee zugrunde liegt, daß der
Richter erforderlichenfalls das Naturrecht zu Rate ziehen
könne.
Mit der Tatsache, daß dem Art. 4 Code Napoleon die Idee
der subsidiären Funktion des Naturrechts zugrunde liegt, steht
nicht in Widerspruch, daß noch im Jahre 1807 der refere ob-
ligatoire einer gesetzlichen Regelung unterzogen wurde®!. HAT-
SCHEK (Replik 447 f.) ist anderer Meinung. Er glaubt, die letz-
tere Tatsache spreche gegen den naturrechtlichen Hintergrund
des Art. 4, es gehe aus ihr doch hervor, „daß die ‚Naturrechtsbe-
wegung‘, der der Art. Anach LuUKAs sein Dasein verdanken sollte,
jedenfalls nicht mächtig genug war, um den refere abzuschaffen,
wenn dieser schon gleich nach 4 Jahren reaktiviert wurde. Das
Naturrecht als politische Bewegung pflegt, wenn es wirklich
wirkt, viel radıkaler zu wirken und nicht nach 4 Jahren schon
zu versagen“, Dieser Einwand HATSCHEKs ließe sich dann
hören ©®, wenn ich irgendwo den Satz aufgestellt hätte, daß die
„Naturrechtsbewegung“ es gewesen sei, welche darauf hingezielt
#ı Vgl, dazu oben Anm. 4 und den dazu gehörigen Haupttext.
62 Der folgende Satz HATSCHEKs lautet: „Unbegreiflich ist aber, wenn
LUKAS im Angesicht dieser Tatsachen sagt, die ganze Entwicklung strebte
sichtlich der vollständigen Aufhebung des refere legislatif zu.“ Gewiß,
auch mir wäre es unbegreiflich, wenn ich für das französische Recht solches
behauptet hätte, wo ich doch selbst (S. 418% meiner Schrift) hervorhebe,
„daß der refere obligatoire im Jahre 1807 für 3 Dezennien reaktiviert wurde.“
Aber an der Stelle, auf die HATSCHEK Bezug nimmt, S. 422 ff. meiner
Schrift, spreche ich eben nicht von der französischen, sondern von der
preußisch-österreichischen Rechtsentwicklung!
e8 Obwohl auch in diesem Falle gewichtige Bedenken gegen seine Stich-
haltigkeit geltend zu machen wären.