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zu strafende Handlung, ein crimen, nicht bestehe?. War es hier-
nach von vornherein eine benigna interpretatio nicht, ein an
sich „menschliches Versehen“, von dem absolut frei zu
sein, nach der vollkommenen Lehre des „homo sum“, auch der
vorsichtigste und ausgesuchteste Beamte nicht behaupten darf?,
unter den Gesichtspunkt einer causa poenalis oder auch nur
quasi poenalis zu bringen, so lassen auch die schädlichen Folgen
einer Verstellung rechtlicher Fundamentalsätze sich leicht er-
kennen. Sie zeigen sich, wie bereits angedeutet, in der Rechts-
unsicherheit, in der von jeher die Rechtsprechung in den Re-
greßprozessen sich bewegt hat und mit der, wie des weiteren
dargelegt werden soll, die Lehre von Paulus
in poenalibus causis benignius interpretandum est (lex 155
82 Dig. 50. 17)
verletzt worden ist.
Auch in der Knappheit, mit der die Quellen eine so her-
vorragend wichtige Frage, die Frage nämlich nach dem Grade
der Schuld, nach dem Maßstabe, nach dem die eid-
lich angelobte Pflichttreue des Beamten, vor allem des Deutschen
Richtersgemessenwerdensolle, scheintdie Schwierig-
keit, ja Unmöglichkeit sicherer Normen sich zu zeigen, so dab
?2 Ein Lehrsatz, dem freilich in der neueren Rechtsprechung des RG.
eine ungewöhnlich restriktive Auslegung gegeben worden ist. Die rechts-
politischen Erwägungen, aus denen die contractatio elektrischen Wertstoftes
straflos geblieben, sind nicht vereinbar mit den rechtspolitischen Grund-
sätzen über „groben Unfug“, wie sie im Urteil v. 14. 6. 95 (Entsch. 27
S. 292) aufgestellt sind.
3 Vorzüglich überzeugend sagt LrYsER (Medikationes spe-
cimen 680 zu med. 29—30):
— Collegia juridica in responsis, quae exarant, nonnunquam foede er-
rare, lubenter agnoscimus. Nec mirum, quum ex hominibus con-
sient, et ipsa saepe suprema tribunalia, quae summorum prineipum no-
mine rescribunt et jus dicunt et, quorum membra an digna sint, nec
dubitare quidem sine sacrilegio licet — lex 3 Cod. de crimine sacri-
legii — in istius modi errores incidant.