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die Lehre von der Zurechnung beseitigen und „das Beschreien
der vier Wände“ — um in der Sprache des alten Rechts zu
reden — vielleicht schon an sich als einen subjektiven Grund
der Strafbarkeit zu erklären. Deshalb ist es als ein schöner Sieg
zu bezeichnen, dass im BGB. die Verfechter des Verschul-
dungsprinzips gegenüber dem rein juristischen Kunstbegriff des
Veranlassungsprinzips durchgedrungen sind! — Die Protokolle
der Kommission für die zweite Lesung (Bd. II S. 569 ff. 586 ff.)
lassen in jener Frage Licht und Schatten vorzüglich er-
kennen und heben überzeugend den Rechtssatz hervor:
Eine Handlung, deren Gefährlichkeit für Andere man unge-
achtet einer sorgfältigen Prüfung nicht zu erkennen vermöge,
dürfe vorgenommen werden; äußere sie dennoch schädliche
Wirkungen auf den Rechtskreis eines Anderen, so müsse der
Betroffene diese Wirkung wie einen Zufall hinnehmen.
Die Nation würde nur wünschen und erwarten können, daß,
wenn gleichwohl die Protokolle den konzessiven Satz aufstellen
(S. 569)
die Wissenschaft habe das Veranlassungsprinzip nicht so-
weit durchgebildet, daß es dem Gesetze zu Grunde gelegt wer-
den könnte;
auch in der Folge die Wissenschaft zu dieser Durchbil-
dung nicht gelangen werde, und vor allem für die Syndikats-
klagen würden die Folgen eines Verursachungsprinzips unbe-
rechenbare sein; der Richter sowie die, die ihm das Amt an-
vertraut, würden in der Mehrzahl der Fälle nicht unter der
Schuld stehen, sondern unter dem Druck jenes Prinzips des Zu-
falles, und es würde der individuellen Freiheit kein Gebiet übrig
bleiben, auf dem sie sich ungehemmt entfalten könnte (a. a.
0. S. 585).
Es bedarf keiner Ausführung, daß die Ausnahmen, wie sie
insbesondere im $ 829 BGB. zugelassen worden sind, wonach
auch der Deliktsunfähige unter Umständen haftet, nur die Regel
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