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daß der Herr Minister die soziale und wirtschaftliche Bedeu-
tung der landwirtschaftlichen Genossenschaften nicht verkenne
und bemüht sei, der Entwickelung derselben in jeder Bezie-
hung Vorschub zu leisten ;
nicht; vielmehr faßte der Vereinstag bei Beratung des letzten
Gegenstandes der Tagesordnung: ‚Die Anforderungen der Re-
gisterrichter an die Zentralgenossenschaften“ u. E. in Nicht-
achtung des für die richterliche Stellung allgemein gültigen Grund-
satzes des $ 1 GVG. der die Richter nur vom Gesetz abhängig
macht — den Beschluß!!
mit den zuständigen Stellen — Reichsjustizamt, Bundesrat —
dahingehend in Verbindung zu treten, daß die mit der Aus-
führung des Gesetzes betrauten Gerichte die Fortentwicklung
des Genossenschaftswesens nach Möglichkeit fördern, insbe-
sondere aber es vermeiden, durch juristisch-theoretische und
äußerliche Anforderungen die Anwendung des Gesetzes zu er-
schweren und kostspielig zu machen.
In diesem formell und materiell unberechtigten und vagen Be-
schluß — wie denn auch nicht kund geworden ist, daß die an-
gerufenen Behörden ein Mittel gefunden hätten, dem Veriangen
zu genügen — in diesem Beschluß, der die Flut des Mißtrauens
gegen die Gerichte noch mehr anschwellen lassen, soll das ‚‚juri-
stisch-theoretisch‘‘ offenbar nichts anderes bedeuten als ‚‚wertlos-
formalistisch‘, und mit diesem Vorwurf würde der Vereinstag
sich einreihen jenen zahlreichen Plänklern, die insbesondere in
dem letzten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts den Kampf gegen
unsere Rechtszustände aufgenommen haben.
Wenn nun dem gedachten kammergerichtlichen Beschluß
wenigstens das zur Seite stehen mag, daß tatsächlich die
Genossenschaft eine kleine gewesen sein wird, so hat
B. das Urteil des Reichsgerichts vom 22. April 1895
eine offensichtlich fehlerhafte tatsächliche Beurteilung, die zur
Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen hätte führen