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Der Rechtsstand am 1. Januar 1900 wird
nun sein:
Der Spruchrichter frei von jeder Vertretungspflicht
(8 839 Abs. 2 BGB.)°*%, der Grundbuchrichter verant-
wortlich lediglich nach Maßgabe des Rechts, also des Ermessens |
des Staates, der den Schaden ersetzt hat ($ 12 GBO.); ım
übrigen der Richter in jeder anderen Tätigkeit haftbar
nach 8 839 BGB. — für den Vormundschaftsrichter ausdrück-
lich wiederholt in 8 1848. —
Welche Erwägungen konnten gegenüber der sonstigen Ex-
trajudicialtätigkeit des Richters zu einer solchen Ano-
malie betrefs des Grundbuchbeamten führen? Nichts
anderes als die Erkenntnis, daß es keinen Beruf gibt, der die
angestrengte geistige Tätigkeit so andauernd und so unmittelbar
durch konstitutive in ihrer Rechtswirkung unabänderliche
Akte in das Rechtsleben übersetzt, wie die des Amtsrichters und
vollends des Grundbuchrichters. Viele freilich und vorzüglich
solche, die, mit Ausnahme von etwa 2 bis 3 Monate im Vorbe-
reitungsdienst niemals selbständig und auf eigene Ver-
antwortung in Grundbuchsachen gearbeitet haben, werden
kein Verständnis dafür haben, daß der Preußische Justizminister
Leonhardt in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. No-
vember 1868 „das Hypothekenwesen als den bei weitem interes-
santesten Teil der Preußischen Rechtsbildung“ bezeichnete. —
Jene Wichtigkeit wie Schwierigkeit der Grundbuchsachen wird
in den Materialien zur GBO. nicht so erschöpfend zum Aus-
?* Wenn übrigens die Motive zum BGB. Bd. II S. 818 erklären, die
Preuß. Doktrin nehme an, daß der Richter bei seiner Spruchtätigkeit wegen
dolus und culpa lata hafte, so ist dieser Satz vom RG. 1897 (JMBI.
S. 106) überholt. — Der Spruchrichter dürfe nicht der Gefahr ausge-
setzt sein, wegen eines Versehens zur Verantwortung gezogen zu werden;
er haftet nur für vorsätzliche Rechtsbeugung.
25 S, auch FOERSTER, Grundbuchrecht, Vorwort S. IV und Einleitung
S. 2 und 3.