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des Rechts; auf den kammergerichtlichen Beschluß, der den
$ 46 Einl. Preuß. Allg. Landrecht verletze (oder der zu einer
allgemeinen Anwendung geeignet gar nicht habe gelten können
oder sollen) könne der Grundbuchrichter sich nicht berufen,
zumal gerade die formale Grundbuchordnung am wenigsten
das Gebiet sei, auf dem, ohne die Rechtssicherheit zu unter-
graben, die Billigkeit ausgebaut und praktische Zweckmäßig-
keit zur Berücksichtigung kommen — kurz auf dem der Richter
adjuvandi vel supplendi vel corrigendi juris civilis gratia agieren
dürfe. — Eine Verkennung dieser „offensichtlichen“ Rechts-
lage involviere eine vertretbare Fahrlässigkeit.
Und so sehen wir einen Beamtenstand, bezüglich dessen bei Be-
ratung des GV@. anerkannt worden, daß die Justizpflege nach
ganz besonderen Rücksichten zu verwalten, der wie kaum ein
zweiter Stand berufen ist, die Idee des Rechtsstaats im
edelsten Sinne, das Höchste, nach dem die Menschheit
und Volkheit ringt, zu verwirklichen, und der sich hierdurch von
allen anderen Beamtenklassen stets abgehoben, der aber nicht
selten unter einer schon an sich eine Verantwortlichkeit aus-
schließenden Ueberlastung steht, so sehen wir den Stand der
Amtsrichter preisgegeben den Unfällen einer in der Beurteilung
der Taatfragen wie der Rechtsfragen schwankenden Rechtsprechung;
und wir müssen es als eine hohe Lehre der Geschichte er-
kennen, dab der Staat selber es gewesen ist, der sein Vertrauen
zu Entscheidungen seiner eigenen richterlichen Behörden be-
schränken zu müssen und der — um mit den Worten des Be-
schlusses der Wiener Konferenz vom 12. Juni 1834, Art. 16
zu reden —
„den etwaigen Kompetenzübergriffen der Gerichte auf jede
mit den Gesetzen vereinbare Weise standhaft begegnen“
zu müssen geglaubt hat. Kaum waren die Grundsätze der richter-
lichen Gewalt, war der Rechtsstaat durch die Preuß. Verfassungs-
urkunde festgesetzt, als auch schon der Staat in Ausbau der
Archiv für öffentliches Recht. XXVT. 1. 1l