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durch Vortrag der wichtigsten und zweifelhaftesten
Sachen die angeblichen Versehen des Einzelnen in Wegfall
kommen. Vor allem würde dem Dünkel, der nicht selten im
Amtsrichter den judex inferior erblickt, die Nahrung entzogen
werden; der Amtsrichter ist eben kein judex pedaneus, qui
negotia humiliora disceptat — eine Ansicht, deren Widerlegung
einer besonderen Stelle vorbehalten bleiben muß ®.
Nach Lage der gegenwärtigen Preußischen und nach Lage
der Reichsgesetzgebung beschränken wir uns darauf, für den
Grundbuchrichter bei Anwendung des Schlußs. $ 12 RGBO.
der Justizverwaltung Vertrauen zu schenken, für die übrigen
Materien aber der freiwilligen Gerichtsbarkeit wie auch der
Zwangsvollstreckungssachen de lege ferenda und im Falle
der Syndikatsklage de lege benignius interpretanda
überall da zu plaidieren, wo bei sorgfältigster Selbstprüfung des
zur Entscheidung über die Klage berufenen Richters die An-
nahme nahe liegt, daß ein unverzeihlicher Fehler nicht vorliege.
In Betreff des Grundbuchrichters läßt die Denkschrift
im Unklaren, nach welchen Grundsätzen und Unterlagen der
Staat oder die betreffende Körperschaft ein Recht, Ersatz zu
verlangen, ausüben werde. Die Vielgestaltung der Fälle, die Um-
stände, unter denen der Fehler begangen und oft — bei Ueber-
lastung und völligen Anspannung der Beamten — nur zu er-
klärlich gewesen sein mag, würden tatsächliche Darlegungen an
dieser Stelle lückenhaft erscheinen lassen ; nur gegen einen Kom-
mentator der RGBO., der ausführt, dab ein Fehler in Be-
urteilung einer streitigen Rechtsfrage nicht ver-
tretbar mache, sei das bemerkt, daß der Grundbuchrichter, da
er selbst an TURNAUs verzweigte Unterweisungen nicht immer
eine Anlehnung findet, sehr oft vor einer Rechtsfrage steht, die
3 Hier sei nur erwähnt, daß in neuester Zeit ein Landrichter, der
Professor Medem, der schweren Aufgabe gedenkt, vor der wir am 1. Jan.
1900 stehen und hinzufügt „am allerschlimmsten die Amtsrichter“,