— 182 —
Literatur.
Fischer, Dr. Karl H., Ratsassessor in Nürnberg, Lexikon des in Bayern
geltenden Verwaltungs-, Staats- und Polizeistrafrechts nach den Ent-
scheidungen der bayerischen oberen Verwaltungs-, Straf- und Zivil-
gerichte und nach den zum bayerischen Recht ergangenen Ent-
scheidungen der außerbayerischen Gerichte München 1910. Ver-
lag von A. Wachter. 1. Lieferung. 288 Spaltenseiten.
Wer das vorliegende, auf 2 starke Bände angelegte Kommentarlexikon
nur aufschlägt, der wird an die schlimmsten Träume der letzten Wochen
seiner Rechtspraktikantenzeit vor dem Staatsexamen erinnert. Zahlen am
Rande und im Text, eingeklammerte Ziffern und abgekürzte Zitate, da-
zwischen kurze abgerissene Sätze, meist ohne Verbindung hart nebenein-
ander gesetzt — ein Kursbuch für Eisenbahnfahrten durch das bayerische
Verwaltungsrecht meint er vor sich zu haben.
So der äußere Anblick — anders der Inhalt! Wir haben es mit einem
ernsthaften, reifen und nicht nur im engsten Sinne praktischen Werk zu
tun, welchem Fleiß und Wahrheitssinn auch den Wert einer wissenschaft-
lichen Arbeit verleihen. Der Verfasser ist ein Routinier des Verwaltungs-
rechts im besten Sinn, er gibt einen fast abschreckend wahrhaftigen Fin-
blick in den Mechanismus der Rechtspflege der Verwaltung. Hinter ihm
als wesenloser Schein liegt die graue Theorie mit ihrer Begriffssynthese,
hinter ihm liegt auch, als bekannt vorausgesetzt, die Norm. Nur der
Richterspruch ist ihm wert, festgehalten zu werden, in ihm allein sieht er
die lebendig fließende Quelle des Wirklichen im Recht. Es ist nicht ein
Lexikon des „geltenden Rechts“, denn Geltung hat schließlich doch auch
die Norm selbst, sondern nur der Gerichtspraxis. Aber das sei ihm
nicht zum Vorwurf gesagt, sondern nur zur Bezeichnung der Eigenart seines
Werkes, dessen Inhalt durch den Titel vollkommen und richtig gekennzeich-
net ist. Mehr als 1000 Bände von Entscheidungensammlungen sind aus-
gesogen und mit Verständnis und Gewissenhaftigkeit registriert, systemati-
siert und zitiert! Wer:möchte solches unternehmen, wenn er nicht an sich