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S2. Frankreich.
I. Periode des Staatsbürgerzensus.
1. Gestaltung des Wahlzensus unter dem Ein-
flusse der Naturrechtsidee 1789-1799.
In Frankreich war der Umstand, daß schon die Wahlen zu
den Etats-generaux vom 24. Januar 1789 von einer Steuerzah-
lung abhängig gemacht waren, für die Geschichte des Wahlzensus
während der ersten Revolutionszeit bedeutungsvoll, da es für die
Abgeordneten nun gewissermaßen eine Ehrenpflicht war, sich
ihren Wählern durch die Wahrung ihres Sonderrechts dankbar
zu erweisen. So ging denn auch der Zensusentwurf, wie ihn die
Rechte durch THURIOT einbrachte, trotz des Widerstandes der
Linken, die im Namen der Gleichheit gegen jeden Wahlzensus
protestierte, ohne Modifikation in der Nationalversammlung durch
und nahm am 22. Dez. 1789 Gesetzeskraft an !%,
Wahlberechtigt in den Assemblees primaires-waren demnach
alle jene, die eine jährliche Steuer im Werte von 3 Arbeitstagen
zahlten '%, In die aus diesen hervorgehenden Assemblees elec-
torales konnten aber nur jene gewählt werden, die eine solche von
10 Arbeitstagen zahlten !%, während die Abgeordneten sich vol-
lends über 1 Mark Silber Steuerzahlung und Grundbesitz aus-
weisen mußten !%,
Ungeheuer war die Erregung im Volke, als die Zensusbe-
Stimmungen bekannt wurden. Dabei war man weniger über den
Primärzensus als besonders über den der Wählbarkeit so er-
bittert, daß sogar Drohungen gegen das Leben der Abgeordneten
öffentlich laut wurden !%,
102 DUVERGIER DE HAURANNE, Histoire du gouvernement parlementaire
en France, Par. 1857 I, 119 £.
8 4, v. 22. Dez. 1789 sect. 1 Art. 3.
#4 Art. 19. 105 Art. 32. 106 DUVERGIER I, 122.