— 237 —
Da nun aber erst das Departementkollegium die Abgeordneten-
wahl vornahm, sanken die 300 fs.-Steuernden zu bloßen Pri-
märwählern herab !!3,
Die betroffene Klasse reagierte zwar sofort mit einem Ent-
wurfe, der durch einen 50 fs.-Steuerzensus aus den Arrondisse-
mentskollegien ausgesprochene Urwählerversammlungen machen
wollte, während sich dann in den Departementskollegien der
Unterschied zwischen 300 fs.-Steuernden und Höchstbesteuerten
verwischt hätte. Der König fand jedoch einen solchen Zensus
viel zu demokratisch und geruhte die „Chambre introurable“
aufzulösen und mit dem Wahlgesetz vom 5. Februar 1817 zum
Zensus der Charte zurückzukehren!!!.
Indessen suchten aber die Höchstbesteuerten, des königlichen
Beistandes sich bewußt, ihre dominierende Stellung wieder zu ge-
winnen, ohne sich um den energischen Protest der bedrohten
Klasse zu kümmern: Nachdem schon DECAZES mit seinem am
15. Februar 1820 eingebrachten Entwurfe, der den 1000 fs-
Steuernden bzw. Höchstbesteuerten allein 172 Deputiertenplätze
ım Parlamente sicherte, durchgefallen war, trat am 17. April
Graf SIMEoN mit einem die gleiche Tendenz verfolgenden Wahl-
gesetz hervor, jedoch auch ohne Erfolg, bis endlich BoınE am
29. Juni mit einem Kompromiß der beiden vorigen Anträge
durchdrang und so der Geldaristokratie zur erstrebten Sonder-
stellung verhalf!?5,
Auf Grund eines Doppelstimmrechtes wählten nun sämtliche
Wahlberechtigte in den Arrondissementkollegien, während die
Höchstbesteuerten im Betrage von '/, der Gesamtzahl noch wei-
tere 172 Abgeordnete wählen durften.
Obwohl es sich bei diesem Zensuskampfe nicht um Auf-
nahme neuer Elemente, sondern nur um einen Streit innerhalb
Tl
43 Ordon. v. 13. Juli 1815 Art. 8.
4 G. MEYER, Das parlamentarische Wahirecht S. 90.
115 ((E0oRG MEYER, S. 97.