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des Wahlzensus fühlte sich aber auch der Kongreß nicht ge-
wachsen, und so nahm man denn den Antrag DEFACQZ, ihn nur
in seiner Ober- und Untergrenze von 100 und 20 fl. (168 bis
33,60 M.) in die Verfassung aufzunehmen, die nähere Festsetzung
aber der Wichtigkeit der Sache wegen einem eigenen Wahlge-
setze vorzubehalten, fast einstimmig an '!‘®,
Die Verhandlungen über das neue Wahlgesetz begannen so-
dann am 16. Februar 1831, und jetzt trat zum ersten Male ein
für die spätere Gestaltung des Wahlzensus wichtiger Umstand,
die Scheidung des Hauses in die zwei großen Parteien der Kleri-
kalen und Liberalen, offen zu Tage. Dem wiederholten Antrage
der letzteren auf einen gleichmäßigen Zensus für Stadt und Land
trat immer die „Priesterpartei* entgegen, die aus einem ge-
ringeren Satze für die Landschaft Kapital zu schlagen suchte!
Da nun so eine Einigung der beiden Parteien voraussichtlich
nicht zu erzielen war, legte schließlich die Zentralkommission
am 28. Februar einen ausgleichenden Entwurf vor, der auch
am 2. März nach kurzer Debatte angenommen wurde:
Für die Landschaft wurde damit gleichmäßig eine Staats-
steuerzahlung von 30 fl. (50,40 M.) als Aktivzensus festgesetzt,
für die Städte je nach ihrer Einwohnerzahl ein solcher von
35—80 fl. (58,80—134,40 M.)'"®,
Von einem Passivzensus sah auch das \Wahlgesetz wie schon
vorher die Verfassung selbst gänzlich ab.
2) Gestaltung des Wahlzensus unter dem Ein-
flusse der industriellen Gesellschaft 1848—1894.
In der Tat schien mit dem Weahlzensus vom Jahre 1831
ein modus vivendi geschaffen, denn beide Parteien hielten sich
ır8 Juste I, 392 ff. Belg. Verf. v. 17. Febr. 1831 Art. 47.
1# Vgl. Juste II, 13 ff.
170 j fl. hölländisch = 2, 10 fs. = 1, 68 M. vgl. WILLMOTTE, La Bel-
gique morale et politique 1830—1900 Par. (s. a.) p. 280; W. G. v. 3. März
1831 Art. 1, 52; Juste II, 16 £.