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Zur Begründung und Ausführung des parla-
mentarischen Pluralwahlrechtes.
Von
Dr. GEORG SCHMIDT, Pirna.
I.
Die parlamentarische Wahl ist das Mittel zur Herstellung
einer Volksvertretung; die Volksvertretung ist das Mittel zur Er-
möglichung der Mitwirkung des Volkes an der Staatsgewalt.
Diese Mitwirkung ist grundsätzlich verschieden in der Monarchie
und in der Republik. Während in der Republik die Staatsgewalt
beim Volke, d. h. bei der Volksvertretung ruht, ist sie in der
Monarchie beim Monarchen, und das Volk nimmt nur durch das
Mittel der Volksvertretung an der Ausübung in rechtlich um-
schriebenen Grenzen d. h. nicht als Souverän, nicht im Besitze
der „ausschließlichen Fähigkeit rechtlicher Selbstbestimmung und
Selbstbindung“! teile Der vorhin gebrauchte Ausdruck Mitwir-
kung an der Staatsgewalt ist deshalb im Grunde nur für die Mo-
narchie richtig. Nach diesem müssen die Grundsätze für die
Herstellung einer Volksvertretung in Republik und Monarchie
durchaus verschieden sein. Hier soll nur von der letzten Staats-
form gehandelt werden.
Die Interessen des Monarchen als das der staatlichen Ver-
! GEORG JELLINEK, Recht des modernen Staates 1. Bd. allgem. Staats-
lehre, Berlin 1900, S. 438.