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ausgedehnt und es ist kein Ende dieser anscheinend natürlich
notwendigen Entwicklung abzusehen. Sein nur ihm vorbehal-
tenes und deswegen ursprüngliches Tätigkeitsgebiet ist die
Sorge für die Sicherheit der Gesamtheit der Staatsangehö-
rigen, näher erläutert die Tätigkeit, um den Staatsbürgern das
Zusammenleben zu ermöglichen. Das Feld, auf das er sich
in neuerer Zeit mehr und mehr begibt, ist die Sorge für die
Wohlfahrt der Gesamtheit der Staatsangehörigen, welche man
dahin auseinandersetzen könnte, daß es die Tätigkeit sei, um den
Staatsbürgern das Leben glücklich zu machen. Es ist nun
ohne weiteres klar, daß die Sorge zwar für die Sicherheit ohne
Mitwirkung der zu Sichernden mag durchgeführt werden können,
daß aber die Tätigkeit für die Wohlfahrt so schwierig ist, daß
eine Mitwirkung der Beteiligten, schon um die Kenntnis der Ver-
hältnisse zu erlangen, nicht entbehrt werden kann. Dazu kommt,
daß unter den heutigen, gewaltigen Staatsverhältnissen auch schon
zur Ermöglichung des Zusammenlebens allein, insbesondere gegen-
über andern Menschengesamtheiten, eine dermaßen bedeutende
Macht unentbehrlich ist, daß die monarchische Macht ohne Riück-
halt an der Kraft der Gesamtheit der im Staate vereinigten Men-
schen, auf der sie ja im letzten Grunde beruht, allein nicht aus-
zukommen vermag. Im allgemeinen: die monarchische Staats-
macht hat das dringende Bedürfnis der Stärkung, und dieses
zu befriedigen, ist der zweite Zweck der Volksvertretung.
So haben wir als die beiden Zwecke der Volksvertretung
erkannt: Einerseits Sicherung der freien Einzelpersönlichkeit
gegen die Staatsmacht und andererseits Stärkung der die Staats-
macht innehabenden Persönlichkeit.
Wenn wir nun vorläufig einmal annehmen, daß eine Mit-
wirkung jedes einzelnen Volksgenossen an der Staatsmachtsaus-
übung möglich wäre — dies verbietet sich für die Regel, was
keines Beweises bedarf, durch die Größe der heutigen Staaten —,
so würde der erste Zweck die Mitwirkung aller Staatsange-