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des Besitzes (Einkommens) eine Erweiterung der die Zusatz
stimme begründenden Eigenschaften kaum eintreten dürfte.
Nun kommt es aber öfters vor, daß dieselben Fähigkeiten,
wıe sie bei den Besitzenden vermutet werden, bei Personen vor-
handen sind, denen entsprechender Besitz (Einkommen) nicht zu
Gebote steht. Es wäre unbillig, diese Personen gegenüber den
Besitzenden zu benachteiligen, da ja der Besitz, wie schon oft
wiederholt, nicht als solcher das Mehrstimmengewicht rechtfertigt.
Es muß für diese Fälle ein anderes Merkmal hilfsweise
eingeführt werden, dies scheint, wenn auch unvollständig, in dem
Nachweis einer gewissen verstandesmäßigen Bildung‘ durch ein
Zeugnis gegeben zu sein. Bei einer höheren Stufe dieser Bil-
dung wird man voraussetzen können, daß einerseits die Erkennt-
nis der Notwendigkeit der Selbstbescheidung und die Fähigkeit
zu ihrer Uebung und andererseits die geistige Reife vorhanden
sind. Allerdings ist die Unabhängigkeit — und das ist der
Mangel gegenüber dem Merkmal des Besitzes (Einkommens) — aus
der verstandesmäßigen Bildung nicht ohne weiteres als Regel zu
schließen.
Der Bildungsnachweis darf, damit er die erwähnten Schlüsse
mit einiger Wahrscheinlichkeit zuläßt, nicht zu tief gegriffen wer-
den. So erscheint das Einjährigenzeugnis nicht ausreichend, fast
möchte es auch scheinen, als ob das Abgangszeugnis einer höheren
Schule noch nicht die genügende Gewähr bietet. Man wird den
erfolgreichen Abschluß einer Universitäts- (oder ihr gleich-
stehende Anstalts-)bildung verlangen müssen. Nochmals mag be-
tont werden, dab eine Mehrstimme aus diesem Grunde nur dann
gegeben werden sollte, wenn die Besitzpluralstimme nicht gewährt
werden kann; beim Zusammentreffen beider Merkmale in einer Per-
sonmüßtedie Mehrstimme aufGrund des Bildungszeugnisses weichen.
® Besitz und höhere verstandesmäßige Bildung hängen ja überhaupt
regelmäßig zusammen, da die letztere meist mehr eine Folge des Besitzes
als anderer Ursachen ist.