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Hoheitsrechts auch dieordentlichen Gerichte bindet.
IL. Zwar sind die Vorrechte des Adels im Laufe der Zeit im wesentlichen
beseitigt und der Art. 4 der Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850
bestimmt, daß Standesvorrechte nicht stattfinden. Allein aus dem Wegfalle
der Vorrechte folgt nicht der Wegfall des Hoheitsrechts, den Adel zu
verleihen, zu erneuern und anzuerkennen. Der König hat alle Rechte be-
halten, deren er sich nicht begeben hat. Daß ihm die Verleihung von Orden
und anderen mit Vorrechten nicht verbundenen Auszeichnungen zusteht,
ist im Art. 50 ausdrücklich ausgesprochen.
Die Reichsgesetzgebung hat in das öffentlich-rechtliche preußische Adels-
recht nicht eingegriffen.
Namentlich hat sie es nicht durch die 88 260, 261 der Strafprozeß-
ordnung getan.
Die Strafgerichte haben bei Beurteilung der Schuld oder Nichtschuld
und bei Festsetzung der Strafe nach ihrer pflichtmäßigen tatsächlichen und
rechtlichen Ueberzeugung zu entscheiden. Dabei haben sie grundsätzlich
auch über solche eine Grundlage ihrer Entscheidung bildende Fragen zu
befinden, die nicht dem eigentlichen Strafrechte angehören, insbesondere
über Fragen des sonstigen Öffentlichen Rechts, selbst dann, wenn die Ab-
urteilung von Ansprüchen aus dem in Betracht kommenden Rechtsverhältnis
ihnen entzogen Ist.
Bei der Entscheidung über Tatsachen sind sie frei von zwingenden
Beweisregeln. Nur das bestimmt der $ 260:
Ueber das Ergebnis der Beweisaufnahme entscheidet das Ge-
richt nach seiner freien aus dem Inbegriff der Verhandlung
geschöpften Ueberzeugung.
Der 8 261 Abs. 1 hebt einen Fall hervor, dessen Beurteilung ohne
diese Gesetzesvorschrift ebenso ausfallen müßte, wie ıhr zufolge: Hängt die
Strafbarkeit einer Handlung von der Beurteilung eines bürgerlichen Rechts-
verhältnisses ab, so entscheidet das Strafgericht auch über dieses nach
den für das Verfahren und den Beweis in Strafsachen geltenden Vorschriften.
Der Schwerpunkt des $ 261 liegt in dem „aus Gründen praktischer
Zweckmäßigkeit“ zur Erleichterung des Urteils der Strafgerichte beigefüg-
ten Abs. 2:
Das Gericht ist jedoch befugt, die Untersuchung auszusetzen und einem
der Beteiligten zur Erhebung der Zivilklage eine Frist zu bestimmen oder
das Urteil des Zivilgerichts abzuwarten.
Weder 8 260 noch $ 261 sagt etwas darüber, in welchen Fällen eine
Beweisaufnuahme ausgeschlossen, für die freie Beweiswürdigung kein Raum
ist. Die Motive erklären in Beziehung auf ein vor der Tat ergangenes
Zivilgerichtsurteil ausdrücklich, daß es einer Vorschrift, unter welchen
Voraussetzungen die bloße Existenz eines solchen Urteils auf die Entschei-
dung des Strafrichters von Einfluß sein müsse, nicht bedürfe, da diese