Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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Frage in jedem einzelnen Falle nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu 
beurteilen und zu entscheiden sei. 
Auch nur nach allgemeinen Grundsätzen läßt sich die Frage lösen, ob 
die Entscheidung des Heroldsamts, daß dem Angeklagten das von ihm an- 
genommene Adelsprädikat nicht zustehe, für das Strafgericht bindend ist. 
Der Grundsatz, daß der Strafrichter selbständig über alle Vorfragen 
entscheidet, findet seine Grenze in der materiellrechtlichen, nicht nur aus 
Reichsgesetzen, sondern auch aus geltendem Landesrecht folgenden Wirkung 
der Entscheidung von nichtrichterlichen Behörden. Ist die Tatsache einer 
solchen Entscheidung auf Grund freier Beweiswürdigung für erwiesen er- 
achtet, so ist die Rechtsfrage nach den Folgen der Entscheidung auf Grund 
des maßgebenden Reichs- und Landesrechts zu beurteilen. 
Die deklaratorische Feststellung des Königs oder der zuständigen Adels- 
behörde, daß ein beanspruchter Adel bestehe oder nicht bestehe, ist nach 
dem preußischen Recht die Ausübung eines nur dem König zustehenden 
Hoheitsrechts. Sie bindet als staatliche Willenserklärung alle staatlichen 
Behörden. Sie hat die materiellrechtliche Wirkung, daß die Staatsbehörden 
nicht der Betätigung des Hoheitsrechts zuwiderhandeln, sich nicht über die 
Anerkennung oder Aberkennung des Adels hinwegsetzen, den anerkannten 
Adel nicht bestreiten, den aberkannten nicht als bestehend ansehen dürfen, 
weil sie keine Befugnis zu der Prüfung naben, ob das Majestätsrecht aus 
tatsächlichen oder rechtlichen (Gründen zutreffend ausgeübt ist. Es wäre 
ein Eingriff in das Majestätsrecht, wollte der im Namen des Königs ur- 
teilende Richter zur Grundlage seines Urteils das Gegenteil dessen machen, 
was der König oder die von ihm beauftragte Behörde über die seiner allei- 
nigen Entschließung vorbehaltene Frage entschieden hat. Dazu ist er nicht 
befugt. 
Die in den Gründen eines Strafurteils enthaltene Entscheidung über 
den Adel hat zwar keine rechtliche Wirkung über den einzelnen zur An- 
klage gestellten Fall hinaus. Allein der Schutz des Majestätsrechts, den 
der & 360 Nr. 8 des Strafgesetzbuchs bezweckt, würde tatsächlich vereitelt 
oder stark beeinträchtigt werden, wenn die Möglichkeit bestände, in zahl- 
reichen aufeinanderfolgenden Strafverfahren stets dieselbe von der allein 
zuständigen Stelle bereits entschiedene Frage wieder zur richterlichen Ent- 
scheidung zu bringen und widersprechende Urteile herbeizuführen. Schon 
ein die Adelszugehörigkeit bejahendes Urteil würde häufig für die Zukunft 
Straffreiheit und demgemäß den fortgesetzten Gebrauch des von dem Lan- 
desherrn aberkannten Adels zur Folge haben, weil der dadurch gestützte 
Glaube an die Befugnis zur Annahnıe des Adelsprädikats nicht zu wider- 
legen wäre. 
III. Nach vorstehenden Darlegungen, mit denen der kurze, den $ 360 
Nr. 8 des Strafgesetzbuchs betreffende Satz in dem Erkenntnis des Gerichts- 
hofes zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte vom 16. Februar 1895, Ju-
	        
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