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entnehmen ist, aus seinem Gebiet einen Ausländer ohne die im
RStGB. angegebenen Voraussetzungen auszuweisen, kann man
daraus irgend eine Verpflichtung der Einzelstaaten herauslesen,
Inländer aus ihren Gebieten überhaupt nicht auszuweisen. Die
Ausweisung von Ausländern aus dem (febiete des ganzen Bun-
desstaates und die etwaige Ausweisung von Inländern aus dem
(tebiete des betreffenden Einzelstaates sind so verschiedenartige
Tatbestände, daß man aus dem Erlaubtsein des einen nicht auf
das Verbotensein des anderen schließen kann. Wenn man aber
aus dem RStGB. keinen Schluß ziehen kann, auf das Recht
bezw. Verbot der Ausweisung von Deutschen aus ihren Heimat-
staaten, so ist es sicher unzulässig, für die Deutschen in den
deutschen Schutzgebieten aus den Bestimmungen des RStGB.
ein „Wohnrecht“ zu konstruieren.
In dem oben genannten Rechtsstreit hat sich der Vertreter
des Klägers auch auf die Verordnung vom 15. XII. 1905 „betreft.
die Einwanderung in das deutsch-südwestafrikanische Schutzge-
biet“ berufen, in der es heiße: daß die Einwanderung den Per-
sonen nicht untersagt werden dürfe, die im Schutzgebiet ihren
Wohnsitz haben. Würde aus dieser Bestimmung jedoch folgen,
daß eine Ausweisung solcher Personen unzulässig wäre, so würde
zunächst sich das sonderbare Resultat ergeben, daß für das ge-
nannte Schutzgebiet nicht einmal der sonst unbestrittene Rechts-
satz gelte, daß Ausländer jederzeit von dem Staat ihres Aufent-
haltsortes ausgewiesen werden können. Allein die Verordnung
erklärt garnicht mittelbar jede Ausweisung ansässiger Personen
für unzulässig. Denn wenn jemand infolge eines Ausweisungs-
befehls das Schutzgebiet hat verlassen müssen, so hat er ohne
Zweifel dadurch seinen Wohnsitz im Schutzgebiet aufgegeben
und seiner Abweisung bei einer erneuten Einwanderung stände
die genannte Verordnung nicht entgegen. Sie verbietet ledig-
lich die sog. „Abweisung aus armenpolizeilichen Gründen“, wenn
die betreffende Person bereits ihren Wohnsitz im Schutzgebiet
Archiv für öffentliches Recht. XXVI. 2. 22