Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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eigentlich nur ziemlich untergeordnete Fragen gelöst wurden. Die wich- 
tigsten Probleme harren noch der Lösung. 
1. Als gänzlich negativ, d.h. als jeden praktischen Wertes bar, 
müssen folgende drei Konventionen bezeichnet werden: die über den inter- 
nationalen Prisenhof, über das Legen von Kontaktminen und die, welche 
sich mit den Rechten und Pflichten der neutralen Mächte befaßt. 
Gerade die Errichtung eines internationalen Prisenhofes wurde zu An- 
fang als ein geradezu staunenswertes Ergebnis der Konferenz bezeichnet. 
Diese Begeisterung hat sich längst erheblich abgekühlt. M. E. mit Recht. 
Die Errichtung des Oberprisengerichts ist vorläufig ohne jede praktische 
Bedeutung. Man bedenke, es handelt sich hier nicht um die Errichtung 
eines Schiedshofes, der Streitigkeiten ex aequo et bono entscheideu soll. 
Der Prisenhof soll vielmehr ein Gerichtshof sein, der auf Grund von Rechts- 
regeln Recht spricht. Er ist eine Berufungsinstanz gegen die Entschei- 
dungen der nationalen Prisengerichte. Es handelt sich bei den Streitsachen, 
die seiner Entscheidung unterliegen, stets um ganz bedeutende Vermögens- 
werte. Daß man unmöglich das Urteil über bedeutende finanzielle Fragen 
nach freiem Ermessen zu fällen gestattet — es sei denn, daß beide Par- 
teien sich über die Anrufung, Besetzung etc. des Schiedsgerichts einigen —, 
erscheint selbstredend. — Damit also das Prisengericht in Tätigkeit treten 
kann, muß zunächst ein internationales Prisenrecht vorhanden sein. Ein 
solches besteht aber nicht. Und damit ist die Errichtung des Prisenhofs 
illusorisch, bis wir ein solches Recht haben. Vorläuftig hat also die Kon- 
vention, die sich mit der Frage des ÖOberprisengerichts befaßt, keinerlei 
praktische Bedeutung. Dazu kommt, daß eine ganze Anzahl Staaten — 
darunter vor allem Rußland und Japan — nicht für diese Konvention ge- 
stimmt haben, ein Umstand, der die Bedeutung der Konvention noch er- 
heblich herabsetzt. 
Bei den beiden andern, als negativ bezeichneten Konventionen standen 
sich zwei Ansichten gegenüber, deren eine von England vertreten wurde, 
während Deutschland in beiden Fällen der entgegengesetzten Meinung zum 
Siege zu verhelfen suchte. Sowohl in der Konvention über die Kontakt- 
minen, als auch in der über die Rechte und Pflichten der Neutralen im 
Seekriege dürfen wir nichts anderes als rein formelle Kompromisse er- 
blicken; keine der beiden Parteien, insbesondere weder England noch Deutsch- 
land, waren im Grunde einverstanden. Es dürfte auch in Zukunft kaum 
möglich sein, hier eine Einigung zu erzielen, da die Interessen der einzelnen 
Staaten in der Frage der Verwendung von Kontaktminen, in noch weiter- 
gehendem Maße bei der Regelung der Rechte und Pflichten der neutralen 
Mächte grundverschieden sind. 
2. Zur zweiten Gruppe — hierher gehören die Abmachungen, die zwar 
mit Aussicht auf praktische Anwendbarkeit auf der Konferenz zustande- 
kamen, die aber auch ohne diese besondere Formulierung gegebenen Falls ange-
	        
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