Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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wendet worden wären — sind diese beiden zu zählen : die Konvention, welche 
die Anwendung der Genfer Konvention auf den Seekrieg anordnet, und die, 
welche die Beschießung von Plätzen im Seekriege regelt. Daß die Genfer Kon- 
vention auch ohne die besondere Bestimmung der Konferenz in einem Seekriege 
unbedingt beachtet worden wäre, kann nicht bezweifelt werden. Die wenigen, 
speziell für den Seekrieg getroffenen Bestimmungen — z.B. die Vorschrift 
über die Abzeichen der Lazarettschiffe — sind ganz untergeordneter Natur. 
Auch die Bestimmungen über die Beschießung im Seekriege wären wohl 
ohne die sich mit ihnen befassende Konvention als selbstverständlich inne- 
gehalten worden. Der wesentlichste fragliche Punkt ist der, ob in einem See- 
kriege als befestigte Plätze auch die Ortschaften anzusehen sind, die vor 
ihren Häfen unterseeische Kontaktminen gelegt haben; über diese Frage 
konnte man zu einer Einigung nicht kommen. Gegen die Bestimmung der 
Konvention, die jene Frage verneinte, wurde von Deutschland, England, 
Frankreich, China, Japan und Spanien ein Vorbehalt eingelegt. 
3. Wirklich Positives wurde seitens der Konferenz nur auf folgen- 
den Gebieten geleistet — damit kommen wir zur dritten Gruppe —: Be- 
handlung der Kauffahrteischiffe, Umwandlung der Kauffahrteischiffe in Kriegs- 
schiffe und Beuterecht. Es wurden aber nicht etwa die drei Gebiete erschöpfend 
geregelt, durchaus nicht; gerade über die wichtigsten Punkte wurde auch 
hier keine Einigung erzielt. Bei den Verhandlungen über die Behandlung 
der Kauffahrteischiffe blieb die Frage des „indultum“* sowie die der Ent- 
schädigungspflicht bei Benutzung oder Zerstörung feindlicher Kauffahrtei- 
schiffe ungeklärt; in die Konvention über die Umwandlung von Kauffahr- 
teischiffen in Kriegsschiffe konnte man keine Vorschrift darüber einführen, 
ob diese Umwandlung auch auf hoher See geschehen dürfe; und die Ver- 
handlungen über die das Seebeuterecht betreffende Konvention blieben völlig 
fruchtlos, soweit sie sich auf die Abschaffung des Seebeuterechts, auf die 
Blokade, die Kontrebande, die Zerstörung neutraler Prisen bezogen. Als 
positives Ergebnis konnten nur einige Bestimmungen gerettet werden, welche 
die Unverletzlichkeit der Briefpost sowie die Behandlung der Kauffahrtei- 
schiffsbesatzung durch die ein Kauffahrteischiff einnehmende Partei zum 
Gegenstand hatten. Eine andere Vorschrift dieser Konvention, die das 
Seebeuterecht für bestimmte Fälle abschafft, gehörte in die zweite Gruppe 
von Bestimmungen, da die Unzulässigkeit des Beutemachens in jenen Fällen 
bereits allgemein vor der zweiten Haager Konferenz anerkannt war. 
Es ist der Konferenz also nicht einmal gelungen, auch nur ein einziges 
Gebiet erschöpfend neu zu regeln; das Ergebnis ist also sehr spärlich. Ich 
glaube nicht daran, daß die Wirkung der zweiten Konferenz der auf sie 
angewandten Mühe auch nur annähernd entspricht, es sei denn, daß man 
sie als Vorarbeit für die dritte Konferenz ansieht. Diese wird vielleicht 
mehr erreichen; auf sie müssen wir uns vertrösten. In der Tat sind 
Aussichten, daß dann ein besseres Ergebnis erzielt werden kann, vorhan-
	        
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