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durchzuführen; aber das Resultat sind doch nur logische Jongleur-Kunst-
stücke, welchen IHERING in seinem „Begriffshimmel* sicher einen Ehren-
platz gewährt hätte. Ich bin weit entfernt, den Scharfsinn, die große
Sachkenntnis und das Talent des Verf. zu verkennen; aber ich bedaure,
daß er sich nicht einer fruchtbareren Aufgabe zugewendet hat. Der Verf.
wird Niemanden überzeugen und sich von Niemandem für widerlegt er-
achten ; ein Streit über so entgegengesetzte Anschauungen müßte in Recht-
haberei ausarten. Man kann ja Niemandem verwehren, die juristische
Welt sich so vorzustellen, wie es ihm Vergnügen macht, auch wenn man
meint, daß er die Sache verkehrt ansieht und man sich auf den Kopf
stellen müßte, um sie ebenso anzusehen. Laband.
F. R. Dareste et P. Dareste, Les Constitutions modernes
Troisieme Edition. Deux Volumes. Paris. Chalamel. 1910.
Bei der besonders großen Bedeutung, welche die vergleichende Methode
für das Verfassungsrecht und die Politik hat, besteht das Bedürfnis sich
über die Verfassungen anderer Staaten zu unterrichten in höherem Grade
als hinsichtlich anderer Gesetze und es fehlt daher nicht an zahlreichen
Werken, in denen Verfassungen gesammelt sind. Das vorliegende Werk
selbst gibt ein Verzeichnis solcher Sammlungen, welches mehrere engge-
druckte Seiten füllt. Solche Sammlungen haben aber den Mangel, daß sie
schnell veralten; denn es kommen mit den Veränderungen der Staaten-
bildungen nicht nur immer neue Verfassungen zustande, sondern auch die
bestehenden werden durch politische Ereignisse und infolge des Wechsels
politischer Anschauungen und Bedürfnisse häufig abgeändert. In der inter-
essanten Vorrede des Werks, welche die Geschichte der Verfassungskodi-
fikation übersichtlich darstellt, wird S. XVIII eine Aufzählung der Staaten
gegeben, welche in den 18 Jahren seit dem Erscheinen der 2. Auflage ent-
weder Verfassungen erst erhalten haben (Rußland, Türkei, Montenegro),
oder ihre Verfassung von Grund aus neugestaltet haben, oder weniger
wichtige Veränderungen vorgenommen haben. Ihre Zahl ist sowohl in
Europa, wie in Amerika und Afrika überraschend groß und ist selbst seit
dem Erscheinen des Werks noch gewachsen z. B. durch die Verfassung von
Bosnien. Das vorliegende Werk hat daher vor Allem den Vorzug der
Jugend, der Wiedergabe des gegenwärtigen Standes der Verfassungsge-
setzgebung. Aber dieser Vorzug ist nicht der einzige; es ist ebenso aus-
gezeichnet durch die Vollständigkeit. Ks war natürlich nicht mög-
lich, die Verfassungstexte aller Staaten, auch der kleinsten, in extenso zu
geben, ohne daß das Werk zu einem viele Bände füllenden Umfang ange-
schwollen wäre. Die Verfasser haben daher sich zu einer Unterscheidung
genötigt gesehen, welche als durchaus zweckmäßig anzuerkennen ist; von
den größeren und wichtigeren Staaten und zwar von 45, sind die Ver-
fassungsgesetze vollständig mitgeteilt, von allen übrigen sind Mitteilungen
Archiv für öffentliches Recht. XXVI. 2. 24