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hat dagegen auch einen juristischen Riegel vorzuschieben ver-
sucht. Freilich daß ein ewiger Bund wie jeder völkerrechtliche
Vertrag ohne Verletzung des inneren Staatsrechts gebrochen wer-
den kann, bleibt trotzdem bestehen. Nur daß Aenderungen der
Reichsverfassung, z. B. des Reichstagswahlrechtes, im Wege der
Verständigung unter den verbündeten Regierungen möglich sein
sollen, stimmt etwas ungemütlich. Als JAGEMANN solche Folge-
rungen zog, begegnete er einmütiger Ablehnung. Die SEYDEL-
sche Auffassung ist augenscheinlich die geschichtlich älteste.
Nicht durch die HAneEL-LAgaAanDsche Kompetenz-Kompetenz
läßt sie sich widerlegen. Denn eine Kompetenz, seine Kompetenz
souverän zu erweitern, besitzt das Reich nicht, besitzt es insbe-
sondere nicht gegen Preußen und nicht gegenüber Reservatrechten.
Aber daß nach positiver Bestimmung des Art. 78 RV. eine Aen-
derung der Reichsverfassung nur im Wege der Reichsgesetzge-
bung, nicht durch Verständigung der Einzelstaaten erfolgen
kann, ergibt, daß das Reich einen eigenen, von dem der Einzel-
staaten verschiedenen Willen hat, daß es selbst Staat ist. Trotz
der widerspruchsvollen Bestimmungen der Reichsverfassung wären
wir damit beim Bundesstaate angelangt, dem Staate, der sich
wieder aus Staaten zusammensetzt.
Aber diesem Bundesstaate weist man nach der Formel der
Kompetenz-Kompetenz allein die Souveränetät zu und erklärt
die Einzelstaaten für Selbstverwaltungskörper, von den Kommu-
nalverbänden allein durch den Besitz eines (sebietes ureigner,
unkontrollierbarer Staatsgewalt unterschieden. Hier treibt die
Rechtswissenschaft die Entwicklung in unitarische Richtung. Für
die Gegenwart geht das in dieser Allgemeinheit noch zu weit.
Denn jene Kompetenz-Kompetenz des Reiches, auf der seine
Souveränetät beruhen soll, ist tatsächlich nicht vorhanden. Be-
stände sie, so wäre auch die unkontrollierbare Staatsgewalt der
Einzelstaaten nur ein prekaristischer Besitz, und damit der Ein-
heitsstaat gegeben. Die Souveränetät, die wesentliche Eigen-