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kaiserliche Stellung nicht ausreicht, um als monarchische gelten
zu können, in Dotation, Repräsentation und Ordenswesen, da
sind entsprechende kaiserliche Rechte überflüssig, weil die des
Königs von Preussen genügen.
Der Bundesrat erscheint fast nur wie das Oberhaus einer
Volksvertretung. Gewiß ist er ganz etwas anderes. Seine Mit-
glieder sind nicht Vertreter des Volkes, sondern der Regierungen
der Einzelstaaten, stimmen nicht nach freier Ueberzeugung,
sondern nach Instruktionen, sein Widerstand kann weder durch
Pairsschub noch durch Auflösung gebrochen werden. Aber das
alles wird zum großen Teile aufgewogen durch das Schwerge-
wicht des größten Einzelstaates Preußen, dessen König wieder
Träger des Kaisertums ist. Außerdem ist der Bundesrat keines-
wegs auf das Gebiet der (Gesetzgebung beschränkt, er hat wich-
tige Befugnisse der Regierung und als Staatsgerichtshof. Aber
der Grundsatz der Teilung der Gewalten, wonach die Volksver-
tretung streng auf das Gebiet der Gesetzgebung beschränkt wird,
ist auch sonst kaum irgendwo durchgeführt.
Der Reichstag als Vertretung des einheitlichen Volkes bietet
vorläufig keinen Anlaß zu weiteren Erörterungen.
Bei der grundsätzlichen Stellung der drei verfassungsmäßigen
Reichsorgane liegt es auf der Hand, daß jede Erweiterung der
Befugnisse von Kaisertum und Reichstag wie jede Zurück-
drängung des Bundesrates die unitarische Richtung stärken muß.
Das verbindende Glied zwischen allen drei Reichsorganen ist
dabei der Reichskanzler. Er ist der vom Kaiser bestellte Reichs-
minister, im Bundesrate Vorsitzender und stimmführendes preuß-
isches Mitglied, dem Reichstage gegenüber trägt er die ver-
fassungsmäßige Verantwortlichkeit.
Die Stellung des Reichskanzlers bildet daher geradezu den
Prüfstein für das Verhältnis der drei verfassungsmäßigen Organe
zu einander. Bismarck hat sich anfangs gegen eine verantwort-
liche Bundesverwaltung überhaupt, dann wenigstens gegen ein