Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

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eine höhere Anerkennung für die Bedeutung der Einzelstaaten, 
als wenn jetzt der Ausschuß ohne sachliche Zuständigkeit dann 
und wann ad audiendum verbum berufen wird. 
Die Verschiebung zeigt sich ferner auch in den einzelnen 
Staatsfunktionen. 
Von der Gesetzgebung besagt Art. 5 RV., daß sie ausgeübt 
wird von Bundesrat und Reichstag, die Uebereinstimmung der 
Mehrheitsbeschlüsse beider Versammlungen zu einem Reichsge- 
setze erforderlich und ausreichend ist. Der Kaiser hat nach 
Art. 17 nur die formelle Ausfertigung und die Verkündigung. 
Dab die Reichsverfassung dem Kaiser keine positive Mit- 
wirkung bei der Gesetzgebung, insbesondere kein Gesetzgebungs- 
recht oder, wie man es meist ausdrückt, kein Veto gewährt, 
wird oft als Mangel empfunden, ja geradezu als Beweis dafür 
hingestellt, daß dem Kaiser eine eigentlich monarchische Gewalt 
fehlt. Um so mehr tritt dem gegenüber das Gesetzgebungs- und 
Sanktionsrecht des Bundesrates in den Vordergrund und herrscht 
in der Theorie des Reichsstaatsrechtes bisher fast unbestritten. 
Bei näherer Betrachtung gewinnen die Dinge auch hier eine 
ganz andere Gestalt, als der geschriebene Verfassungstext ver- 
muten läßt. 
Zunächst eine gesetzgeberische Initiative kennt die Reichs- 
verfassung nur auf Seiten der beiden gesetzgebenden Körper- 
schaften. Die Initiative hat der Bundesrat und in ihm jedes 
Bundesglied (Art. 7 Abs. 2 RV.), ebenso der Reichstag und in 
ihm jeder Abgeordnete mit der geschäftsordnungsmäßigen Unter- 
stützung (Art. 23 RV.). Tatsächlich hat sich daneben eine 
kaiserliche Initiative entwickelt, von der der geschriebene Ver- 
fassungstext nichts weiß, die aber bei ihrer die des Bundesrates 
und des Reichstages weit überragenden Bedeutung bereits als 
festes Gewohnheitsrecht angesehen werden kann. Diese kaiser- 
liche Initiative hat sich ganz naturgemäß dadurch herausgebildet, 
daß die meisten Gesetzentwürfe in den obersten Reichsämtern
	        
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