Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 26 (26)

- 398 — 
Buchstabe geblieben. Die Verpflichtung der Einzelstaaten, ihre 
Eisenbahnen wie ein einheitliches Netz zu verwalten, mutet heute 
fast wie Traum an. Wirkliches Leben hätte die deutsche Einheit 
auf dem Gebiete der Eisenbahnen gewinnen können, wenn Bis- 
marcks Reichseisenbahnprojekt der Verstaatlichung aller Eisen- 
bahnen Deutschlands mit Ausnahme der bayrischen für das Reich 
verwirklicht worden wäre. Der Plan ist an dem Widerstande 
der Mittelstaaten, besonders Bayerns, die für ihre wirtschaftliche 
Selbständigkeit fürchteten, gescheitert. An Preußens Finanzen 
kann man schmerzlich ahnen, was das Reich an dem Reichs- 
eisenbahnprojekte verloren hat — die Reichsfinanzreformen wären 
vielleicht nicht notwendig gewesen. Aber es war damit auch dem 
Ausbaue der verfassungsmäßigen Einheit der deutschen Eisen- 
bahnen für die Zukunft ein Riegel vorgeschoben. 
Nach dem Scheitern des Reichseisenbahnprojektes gingen 
Preußen und die Mittelstaaten selbständig mit der Verstaatlichung 
vor. Der Erfolg war verschieden. Glänzend für Preußen, so 
daß Preußens Finanzwirtschaft geradezu auf den Eisenbahnüber- 
schüssen beruht. Für die Mittelstaaten ergab sich im Durch- 
schnitte kaum eine kümmerliche Verzinsung des Anlagekapitals. 
Dabei mußte sich die preußische Eisenbahnverwaltung auch über 
die Masse der zerrissenen Kleinstaaten mit erstrecken. Eigene 
kleinstaatliche Eisenbahnnetze waren ausgeschlossen. Wenn Preus- 
sen die Eisenbahnen nicht übernommen hätte, wären die Privat- 
bahngesellschaften bestehen geblieben. Diese hätten auch den 
Kleinstaaten von ihren Einnahmen nichts abgegeben, andererseits 
aber den Bedürfnissen des Verkehrs bei weitem nicht in dem 
Maße entsprechen können als das große geschlossene preußische 
Eisenbahnnetz. Finanziell hätte den Kleinstaaten nur die Ver- 
wirklichung des Reichseisenbahnprojektes geholfen. 
In der preußisch-hessischen Eisenbahngemeinschaft hat sich 
seit 1896 wie einst in den Anfängen des Zollvereins ganz Hessen 
unter Beteiligung an den Einnahmen vertragsmäßig dem preußi-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.