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gebe. Die periodische Wiederkehr dieser Konferenzen eröffnet
immer neue Gelegenheit der Pflege und Förderung. Selbst die
größte Schwierigkeit, welche den Verhandlungen dieser großen
Diplomatenversammlungen innewohnt, der Machtunterschied unter
den Beteiligten hat sich als eine nicht hemmende erwiesen. Es
hat sich gezeigt, daß die Großmächte in ihrer führenden Rolle
nicht verkürzt zu werden brauchen, wenn auch kleine und kleinste
Staaten mit ihren Wünschen zu Wort kommen. Als ein beson-
drer Vorzug der allgemeinen dort gewonnenen Erkenntnisse ist
es anzusehen, daß auch die Macht einer wissenschaftlichen Schätz-
barkeit unterliegt. Kleinere Kulturstaaten, die inmitten der
großen Mächte, wie natürliche Sammelbecken verschiedener Kul-
turen zu verhältnismäßig hoher Blüte emporgewachsen sind wie
Dänemark, Schweiz, Belgien, Niederlande, haben auch auf diesen
Konferenzen ein selbständiges und gewichtiges Wort zu reden
vermocht. Immer deutlicher zeigen sich die Grenzen zwischen wahr-
haft gemeinsamen und nur vermeintlich gemeinsamen, in Wahrheit
entgegengesetzten Interessen, immer deutlicher werden die Gebiete
der Vertrags- und der autonomen Rechtsbildung erkennbar.
Würde diese in großen Richtlinien aber mit langsamen
Schritten vorangehende Entwicklung sich selbst, d. h. dem guten
Willen der Mächte und der Kunst ihrer Diplomatie allein über-
lassen bleiben, so bestände nur eine ungenügende Garantie ihrer
Andauer. Ueberstürzung und Rückschlag wäre unausbleiblich.
Man sieht an der erst neuerdings zwischen Oesterreich und
Bayern streitig gewordenen Frage des Quellabgrabungs- und
Flußablenkungsrechtes, wie naiv im Grunde mitunter Staats-
regierungen in völkerrechtlichen Interessenfragen zu handeln ge-
sonnen sind. Es zeigte sich auch im Prozeß Hellfeld eine Un-
sicherheit in der Beurteilung der Grenzen der diplomatischen
Handlungssphäre gegenüber der Rechtspflege und ihrem Vollzug.
Marokko lieferte vor nicht langer Zeit in der Cassablanca- und
neuerdings in der Mannesmann-Angelegenheit Beispiele einer ge-