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Mannesmann-Konzessionen kann die ganze Frage auf sich be-
ruhen und die Unzulässigkeit von Verleihungen vor Erlaß eines
Berggesetzes unterstellt werden.
Der Rechtsinhalt von Artikel 112 Satz 1 ist unschwer zu
erkennen. Der Sultan von Marokko ist Herr über die Boden-
schätze seines Landes. Er allein ist fähig, aber auch verpflich-
tet, ein allgemeines Berggesetz zu erlassen und in Gemäßheit
desselben die Bergwerkskonzessionen zu erteilen. Sein souveränes
Recht zur Berggesetzgebung ergäbe sich auch, wenn Artikel
112 Satz 1 in der Akte fehlte, aus der Eingangsformel ®®.
Schwierigkeiten bietet die Auslegung des zweiten Satzes von
Artikel 112. Vorerst einige Bemerkungen zur Feststellung der zu
interpretierenden Worte. Im Reichs-Gesetzblatt ist s’inspirera nicht
glücklich verdeutscht. Nicht die dort gegebene keineswegs glän-
zende Uebersetzung, sondern nur der französische Urtext der Akte
ist bei der Bestimmung des Inhalts ihrer Artikel in Betracht zu
ziehen. Die Konferenzmächte haben sich auf den französischen
Urtext geeinigt. Der französische Wortlaut, der Sinn, den nach
französischem Sprachgebrauch die einzelne Vorschrift hat, kann
allein in Frage kommen’®. Diese „Selbstverständlichkeit“ muß
hier ausgesprochen werden ?°, weil gerade der uns interessierende
Artikel 112 durchaus nicht musterhaft übersetzt ist. Der Sultan
verspricht, sich die fremden Gesetzgebungen über die Verhält-
nisse des Bergbaus zum Muster zu nehmen®!; er will die Ideen
der Berggesetzgebungen der Kulturstaaten auf sich einwirken
lassen, das marokkanische Berggesetz soll von modernem Geist
diktiert sein. Die Mächte geben dem Sultan nur einen Leitge-
danken, der ihn bei der Berggesetzgebung führen soll (Clunet),
3 Richtig FLEINER in seinem Gutachten.
3 Vgl. meine Ausführungen in den „Annalen des Deutschen Reichs‘
Jahrg. 1907 Nr. 2. S. 154, 155.
#0 FLEINER in „Der Tag“ v. 5. März 1910.
41 Siehe Anlage 2 des Weißbuches.