— 432 —
artige Gesetze erläßt. Niemand wird behaupten, daß solche Ge-
setze erst dann gelten, wenn sie anderen Mächten vorgelegt und
von ihnen anerkannt worden sind. Was dem Einen recht ist, ist
dem Andern billig. Man kann nicht den Sultan von Marokko
anders behandeln als den Herrscher eines Balkanlandes“,
Der Leitgedanke, den die Algecirasakte dem Sultan in Ar-
tikel 112 Satz 2 gibt, ist angesichts der Mannigfaltigkeit der
Bergbaugesetzgebungen „ein überaus vages Prinzip“ *. Es gibt
keinen „Geist der amerikanisch-europäischen Berggesetzgebungen“,
keine vollkommen einheitlichen Grundsätze des europäischen und
amerikanischen Bergrechtes?’, es gibt kein europäisches Berg-
recht. Es ist darum schlechterdings unmöglich, selbst für einen
Sultan und für ein diplomatisches Korps, diesen nicht existieren-
den Geist zu fassen. Wenn Artikel 112 Satz 2 eine Rechts-
vorschrift für den Sultan enthält, so kann sie nur den Inhalt
haben, daß der Sultan unter Wahrung des Prinzips der wirt-
schaftlichen Freiheit ohne jede Ungleichheit ein modernes Berg-
gesetz zu erlassen hat. Wie weit er dabei von französischem,
englischem, österreichischem, preußischem u. s. w. Bergrecht in-
spiriert sein soll, konnte und wollte die Algeciraskonferenz nicht
näher bestimmen *®. Diese Auffassung teilt auch das Auswärtige
Amt in seiner Denkschrift*2°. Es berichtet, daß nach Inkraft-
treten der Generalakte in mehrmonatigen Beratungen zwischen
der deutschen Gesandtschaft und marokkanischen Beamten, wo-
bei auch die Brüder Mannesmann mitwirkten, ein Entwurf zu-
stande kam, der sich auf deutsche und andere Gesetzgebungen,
vor allem aber auf das den meisten europäischen Gesetzgebun-
gen gemeinsame Prioritätsprinzip stützte. Der Sultan erfüllt
#© v. Marrttz, Spalte 263. #7 LAMMASCH, Blaubuch S. 77.
“8 A, A. v. JAGEMANN SS. 16: „Es soll nicht einseitig das Recht eines
Staates nachgeahmt, sondern das für einen gesicherten, freien, gleichheit-
lichen Wettbewerb aller Nationen Dienliche aus der Gesamtheit der fremden
Gesetzgebungen entnommen werden.“ Richtig LAMMAScH, Blaubuch S. 77.
# Weißbuch 8. 7.