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erlassenes Spezialgesetz keiner höheren Erfordernisse zur Inkraft-
setzung ®°. Die Tatsache, daß das Bergwesen unter dem die
Algecirasakte beherrschenden allgemeinen Grundsatz der wirt-
schaftlichen Freiheit ohne jede Ungleichheit steht, berechtigt nicht
dazu, die Gültigkeit des Berggesetzes von der Mitteilung an die
Interessenten abhängig zu machen und nur ein amtlich veröffent-
lichtes Berggesetz als dem Artikel 112 entsprechend und gültig
anzunehmen. Erst wenn behauptet und bewiesen würde, daß
ein marokkanisches Berggesetz oder die Art seiner Ausführung
einen Verstoß gegen jenes Prinzip darstellte, wäre ein Einspruch
der nichtmarokkanischen Vertragsmächte von Algeciras begründet,
ein Einspruch, der übrigens die Gültigkeit des Gesetzes an sich
nicht berühren muß %. Die Behauptung, daß „nach allgemeinen
Rechtsgrundsätzen“ nur ein verkündetes Gesetz wirklich Gesetz
sei °’, ist für unseren Fall auf ihre Richtigkeit nach positivem
marokkanischen Recht nachzuprüfen. Wenn Artikel 112 Satz 2
dem Sultan die Direktive gibt, sich die fremden Gesetzgebungen
zum Vorbild zu nehmen, so bezieht sich dies nur auf den Gesetzes-
inhalt, nicht aber auf die zum gültigen Zustandekommen eines
marokkanischen Berggesetzes gehörenden formellen Erfordernisse.
Die Marokkokonferenz hat hier in das marokkanische Recht nicht
eingegriffen und den Sultan als das Subjekt der gesetzgebenden
65 Blaubuch 8. 77.
e° Im Falle Mannesmann spitzt sich die Frage, die besonders FLEINER
gegen Mannesmann aufgeworfen hat, dahin zu: Verstößt das Gesetz vom
7. Oktober 1908 gegen jenen Grundsatz? Verstößt die Verleihung von Kon-
zessionen an Mannesmann vom gleichen Tage gegen den Grundsatz? Nur
die letztere Frage kann ernstlich diskutiert werden. Sie dürfte sich durch
die Feststellung erledigen, daß Mannesmann der erste Muter für die ihm
verliehenen Gruben war. (Siehe Weißbuch $. 48, Anlage 40 am Ende.)
In dieser Beziehung genügt ein Hinweis auf Anlage 35 des Weißbuchs,
(siehe Weißbuch S. 12, 13), ein Schriftstück, das sonst unverständlich wäre.
Sehr scharf Zorn in „Die Grenzboten“ v. 23. Februar 1910, S. 380 Un-
haltbar sind die Ausführungen bei WEHBERG S. 12 ff.
67 Weißbuch 8. 41.