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Sonderrechtes erforderlich sei (S. 118), kann nicht zugegeben werden.
Die Entschließung der Regierung über ihre Abstimmung ist, auch wenn es
sich um ein Sonderrecht handelt, eine nach Reichsstaatsrecht zu beurteilende
Willenshandlung. Das Reichsstaatsrecht aber kennt keine Zustimmung der
Landtage, Piloty.
Ernst Zitelmann, Die Vorbildung der Juristen, Leipzig, Duncker
und Humblot. 1909. 45 S.
2. schlägt vor: Vierjähriges Universitätsstudium, dreijährige Praxis.
Beide Arten der Vorbereitung sind in eine ganz andere, engere Verbindung
zu setzen als bisher. Die Gliederung soll eine vierstufige sein:
I. Stufe: 1!/a Jahre Universität als elementare Vorbildungszeit im ge-
samten System des Rechts und der Nationalökonomie ; in jedem Semester
etwa 10 wöchentliche Vorlesungsstunden. 1. Semester: Staats- und Völker-
recht; 2. Semester: Bürgerliches und Handelsrecht; 3. Semester: Straf- und
Prozeßrecht. Die Nationalökonomie ist auf die 3 Semester zu verteilen.
Abschluß: eine wiederholbare, einfache, doch ernste Prüfung mündlich und
mit Klausurarbeiten.
I. Stufe: 2 Jahre Praxis bei Gerichten und Verwaltungsbehörden ohne
Scheidung nach Berufen.
Ill. Stufe: 2!/z Jahre Universität als Wiederholung des gesamten syste-
matischen Stoffes in technisch verfeinerter und theoretisch vertiefter Form.
Spezialkollegien und Ausbau der bisher vernachlässigten Fächer. Ob auch
diese Stufe durch ein Examen zu absolvieren sei, wird nicht ausdrücklich
gesagt, ist aber wohl anzunehmen.
IV. Stufe: 1 Jahr Praxis. Abschluß: das Staatsexamen, geschieden nach
Berufen (Justiz und Verwaltung).
Dieser tiefeingreifende Reformplan ist von Z. so wohl begründet und so
beredt empfohlen, daß niemand, dem es ernst ist mit unserem Juristen-
stande, daran vorübergehen kann. Z. ist zu diesen, in ähnlicher Weise auch
schon von anderen gemachten Vorschlägen, hauptsächlich durch eigene Er-
fahrungen gelangt. Er macht nicht mit Unrecht die Beobachtung, daß
unserem juristischen Universitätestudium schwere Uebel anhaften und daß
die akademische Freiheit zumeist zu akademischem Unfleiß und deshalb
auch zu einer gewissen Unlust der Lehrenden geführt hat. Er will diese
Freiheit nicht antasten, aber durch Besserung der Studienordnung in andere
Bahnen lenken. Er will den Zusammenhang zwischen Theorie und Praxis
stärken, indem er den „Wirklichkeitshunger“ der Studierenden zu befriedigen
sucht, In seiner Diagnose des Uebels hat Z. leider nur zu sehr Recht. Ich
habe mich darüber kürzlich in der Zeitschrift des bayer. Rechtspraktikanten-
vereins ähnlich geäußert.
Das Teilungsprojekt mit eingeschobener Praxis ist ein Heilung ver-
sprechendes. Es ist allerdings der radikalste Vorschlag. Zu erwägen wäre,